„Hier ist der Handel eher konservativ“

König Kunde wird in den USA immer intensiver durchleuchtet. Müssen sich Kunden in Deutschland auf ähnliche Methoden einstellen? SZ-Redakteurin Iris Neu sprach mit Prof. Antonio Krüger vom Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz im Handel an der Saar-Uni.

Herr Krüger, was verspricht sich der US-Handel von der Smartphone-Ortung der Kunden?

Krüger: Es geht darum, die Kundenwünsche besser zu verstehen. Wird ein Kunde über sein Smartphone geortet, kann man seinen Weg durch den Markt nachvollziehen. Diesen sogenannten Kundenlaufweg kann man dann vergleichen mit den Verkaufszahlen bestimmter Produkte und feststellen, an welcher Stelle im Markt ein bestimmtes Produkt besonders gut läuft. So kann man den Verkauf optimieren.

Kann man diese Analyse nur mit Smartphone-Ortung machen?

Krüger: Nein. Bisher haben Marktforschungs-Institute solche Analysen gemacht, was allerdings sehr aufwendig und teuer ist. Wenn man solche Analysen mit Hilfe von Technik sozusagen im laufenden Betrieb machen kann, ist das natürlich wesentlich problemloser und kostengünstiger.

Ihren Worten ist zu entnehmen, dass hierzulande bereits ähnliche Praktiken stattfinden. Wie gläsern ist denn der Kunde bei uns?

Krüger: Nein. Mir ist nicht bekannt, dass hier mit ähnlichen Systemen gearbeitet wird. In Deutschland ist der Handel noch relativ konservativ. Natürlich werden auch hier Kundenweg-Analysen gemacht, aber nicht mit Mitteln wie der Handy-Ortung. Wenn man dieses System in Deutschland übernehmen wollte, müsste man explizit das Einverständnis des Kunden abfragen.

Brauchen sich deutsche Kunden also keine Sorgen zu machen, "gläsern" zu werden?

Krüger: Auch hier hinterlässt nahezu jeder beim Einkauf Datenspuren. Wer etwa mit EC-Karte bezahlt, hinterlässt über den Bon, den die Supermarkt-Kasse speichert, Informationen darüber, was er gekauft hat. Hier kann ein Markt heute schon Analysen machen. Dasselbe gilt in noch erheblich stärkerem Maße für die Payback-Karten, die sogar Angaben über die Adresse enthalten - mit Einwilligung des Kunden natürlich, denn das ist in Deutschland ja Gesetz. Also: "Gläsern" ist der Kunde auch hier - wenn auch nicht in gleichem Maße wie in den USA.

Smartphone-Ortung gibt es in den Märkten hierzulande also nicht - oder noch nicht?

Krüger: Mir ist davon nichts bekannt. Jedenfalls würde es in Deutschland die Einwilligung des Kunden voraussetzen. Dennoch könnte ich mir durchaus vorstellen, dass nicht wenige Kunden einwilligen würden, wenn ein Markt dafür etwa mit Preisnachlässen locken würde.

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