Militär-Übung Die Nato zeigt in Norwegen die Muskeln

Trondheim · Bei seiner größten Übung seit knapp 30 Jahren setzt das Militärbündnis auf Stärke. Doch hinter den Kulissen brodelt es.

 50 000 Nato-Soldaten trainieren zurzeit am norwegischen Trondheimfjord, darunter 8000 Deutsche.

50 000 Nato-Soldaten trainieren zurzeit am norwegischen Trondheimfjord, darunter 8000 Deutsche.

Foto: dpa/Niilo Simojoki

Mit der Idylle am Trondheimfjord ist es schlagartig vorbei. Um Punkt 12 Uhr tauchen an diesem kalten, aber sonnigen Herbsttag die ersten Kampfjets am Horizont auf. Wenig später ist die Bucht vor dem norwegischen Örtchen Byneset von modernen Kriegsschiffen belagert, der Lärm von Bombeneinschlägen und Schiffskanonen donnert herüber. 54 lange Minuten wechselt sich Sturmgewehrfeuer von Landungstruppen mit dem Knattern von Kampfhubschraubern und röhrenden Panzer-Motoren ab. Immer wieder knallen F-16-Jets über das Gelände.

All das ist am Dienstag Teil einer großen Show zum größten Nato-Manöver seit Ende des Kalten Krieges. Rund 50 000 Soldaten, darunter mehr als 8000 aus Deutschland, sind zu der Übung mit dem Namen „Trident Juncture“ zum Teil schon vor Wochen in Norwegen eingetroffen. Die Vorführung vor Vertretern der Bündnisstaaten und Journalisten aus aller Welt soll nun der ganzen Welt die militärische Leistungsfähigkeit und Stärke der Nato vor Augen führen und damit mögliche Angreifer abschrecken. „Wir machen das, um Konflikte zu vermeiden und nicht, um einen Konflikt zu provozieren“, betont Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zum Auftakt der öffentlichen Show, die weltweit live im Internet verfolgt werden kann. Niemand – auch Russland nicht – müsse sich bedroht fühlen.

Inwiefern Russland sich von der Übung beeindrucken lässt, ist allerdings ohnehin fraglich. Zum einen sagt das seit vier Jahren vorbereitete Manöver wenig darüber aus, ob sich Truppen auch in einem überraschenden Krisenfall schnell genug verlegen ließen. Hinzu kommt, dass die Inszenierung in der Bucht bei Trondheim kaum darüber hinwegtäuschen kann, dass die schlagkräftigste Militärallianz der Welt seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump eine ihrer schwersten politischen Krisen erlebt. Mit seinen Drohungen, das US-amerikanische Bündnisengagement zurückzufahren oder sich ganz aus der Nato zu verabschieden, macht Trump zwar deutlich, dass er es mit seinen Forderungen nach höheren Verteidigungsausgaben von europäischen Alliierten wie Deutschland ernst meint. Gleichzeitig weckt er damit allerdings Zweifel am Zusammenhalt des Bündnisses, rüttelte jüngst gar an Artikel 5 des Nordatlantikvertrags zur Beistandspflicht. Als wenn das nicht schon genug wäre, kündigte Trump vor eineinhalb Wochen auch noch ohne Abstimmung mit den Nato-Partnern an, aus dem INF-Abrüstungsvertrag mit Russland auszusteigen.

Der Schaden, den Trump anrichte, sei riesig, heißt es von Nato-Diplomaten hinter vorgehaltener Hand. Dass die USA bei „Trident Juncture“ offiziell wieder einmal größter Truppensteller seien, ändere daran kaum etwas. Ein Großteil der 14 000 US-Soldaten sei zudem nur recht kurzfristig an dem Manöver beteiligt und trainiere stattdessen verstärkt mit norwegischen Streitkräften bei gesonderten Manövern weiter im Norden. Wie es mit der Nato, den USA und Russland weitergeht, werden die kommenden Monate zeigen. Die russischen Streitkräfte wollen Ende der Woche ganz in der Nähe Marschflugkörper testen. Es sieht nach einer neuen Runde militärischer Muskelspiele aus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort