Uno-Vollversammlung Große Sorgen um Atom-Deal mit Iran

New York · Macht Trump ernst mit einem Bruch? Die Welt ist alarmiert. Auch Außenminister Gabriel mahnt in seiner ersten Uno-Rede.

 Der Iran nutzt seine Atomkraft nur für friedliche Zwecke, dafür stellt der Westen seine Sanktionen ein – so lautete der Deal, der vor zwei Jahren mühsam zu Stande kam. Jetzt will der US-Präsident das Abkommen kündigen – und entsetzt damit viele, die um die Stabilität der Region fürchten.

Der Iran nutzt seine Atomkraft nur für friedliche Zwecke, dafür stellt der Westen seine Sanktionen ein – so lautete der Deal, der vor zwei Jahren mühsam zu Stande kam. Jetzt will der US-Präsident das Abkommen kündigen – und entsetzt damit viele, die um die Stabilität der Region fürchten.

Foto: dpa/Abedin Taherkenareh

„Es war eine tragische Sitzung“, sagt Sigmar Gabriel, als er gestern in der deutschen UN-Mission in New York mit Journalisten spricht. Als tragisch habe er sie empfunden, weil man ja gerade versuche, Nordkorea zu einem Dialog nach dem Beispiel der Nuklearverhandlungen mit dem Iran zu bewegen. Alle, auch die Amerikaner, seien der Meinung, dass sich wirtschaftlicher Druck mit Gesprächsangeboten paaren müsse, um Pjöngjang an der atomaren Aufrüstung zu hindern. Wenn dann gleichzeitig eine Sitzung stattfinde, in der das einzige existierende Abkommen, das dabei als Vorbild dienen könne, kaputtgemacht werde, sei dies nicht hilfreich. Der Bundesaußenminieter von der SPD bezieht sich auf eine Runde, bei der sich am Abend zuvor die Außenminister der USA, Chinas, Russlands, Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands mit ihrem iranischen Amtskollegen trafen. „Was soll Nordkorea dann noch motivieren, in Verhandlungen einzutreten über einen Vertrag, der Sicherheit garantiert, wenn es im Gegenzug auf Nuklearwaffen verzichtet?“, fragt Gabriel.

Später wird der Außenminister vor der Uno-Vollversammlung ankündigen, Soforthilfe für das zerstörte Mossul zu leisten. 250 Millionen Euro wird Deutschland in die vom „Islamischen Staat“ zurückeroberte irakische Stadt fließen lassen, damit deren geflohene Bewohner zurückkehren können. Es ist eine kaum beachtete Fußnote, die Causa Iran das alles dominierende Thema im Hauptquartier der Vereinten Nationen. Vieles dreht sich um die Differenzen zwischen Europäern und Amerikanern, die an die Kontroverse vor der Irak-Invasion 2003 denken lassen. Allerdings stehen die USA diesmal allein, während sie sich damals zumindest auf die Briten verlassen konnten. Während Präsident Donald Trump deutlich macht, dass er die Vereinbarung aushebeln wird, falls nicht nachgebessert wird, warnen die Europäer vor einem Präzedenzfall, der den Diplomaten bei eventuellen Atomgesprächen mit Nordkorea das Handwerk unendlich erschweren würde.

Immerhin habe man nicht mit Schuhen aufeinander geworfen, schildert US-Außenminister Rex Tillerson, der erstmals mit seinem iranischen Widerpart Mohammad Javad Zarif an einem Tisch saß, die Atmosphäre. Der Ton sei sachlich gewesen, man habe sich nicht angebrüllt. Rein technisch, gesteht Tillerson zu, halte sich Teheran an die Auflagen. Was es allerdings nicht erfülle, seien die Erwartungen, die Amerika mit dem Deal verbunden habe: Der Iran destabilisiere den Nahen Osten, indem er beispielsweise Terrorgruppen unterstütze. Trump, so Tillerson im Sender Fox News, wolle den Vertrag neu verhandeln. Von dieser Notwendigkeit wolle man die europäischen Verbündeten ebenso wie Chinesen und Russen überzeugen. Der US-Präsident muss dem Kongress alle 90 Tage bestätigen, dass der Iran den Deal einhält, das nächste Mal bis zum 15. Oktober. Tut er es nicht, kann das Parlament beschließen, die mit der Einigung aufgehobenen Sanktionen erneut zu verhängen. Falls dies geschehe, skizziert Gabriel die Lage, werde die Abmachung wertlos.

Paris lässt noch am ehesten den Versuch eines Zugehens auf Wash­ington erkennen. Nach den Worten des französischen Präsidenten Emmanuel Macron handelt es sich um eine gute Übereinkunft, die jedoch durch „zwei oder drei Säulen“ verstärkt werden müsse. Etwa müssten die nur bis 2025 geltenden Begrenzungen für die iranische Urananreicherung verlängert werden. Die Iraner hätten klargemacht, betont wiederum Gabriel, dass sie auch in Zukunft nicht vorhätten, Atomwaffen zu besitzen. Man gebe den Amerikanern zwar recht in ihrer Kritik an Teheran, etwa an der Einmischung im Jemen. Gleichwohl habe der Verhandlungsprozess nie das Ziel gehabt, diese Konflikte zu lösen.

Wenn man sich in der Welt umschaue, sagt Gabriel wenige Stunden später während der Generaldebatte der Vereinten Nationen, scheine sich immer mehr eine Sicht durchzusetzen, die die eigenen nationalen Interessen absolut setzt und sich für den Interessenausgleich zwischen den Nationen nicht mehr engagiere. Diese Sicht beschreibe die Welt als eine Art Kampfbahn. In ihr herrsche das Recht des Stärkeren, nicht die Stärke des Rechts. „Nationaler Egoismus“, ruft Gabriel der Vollversammlung zu, „taugt nicht als Ordnungsprinzip für unsere Welt“.

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