Gemeinsamer Unterricht nun für alle Kinder

Saarbrücken · Im Saarland lernen behinderte und nicht behinderte Kinder künftig grundsätzlich in gemeinsamen Schulklassen. Den Anfang machen die Grundschulen, die übrigen Schulformen folgen in zwei Stufen.

Nach Monaten hitziger Debatten ist die Inklusion an saarländischen Schulen nun beschlossene Sache. Der Landtag verabschiedete gestern einstimmig das Gesetz, das gemeinsamen Unterricht für Schüler mit und ohne Behinderung ermöglicht. Damit werden ab dem nächsten Schuljahr alle Kinder automatisch in einer Grundschule eingeschult. Wollen Eltern ihr Kind auf eine Förderschule schicken, müssen sie das beantragen. Ab 2016/17 gilt die Inklusion an weiterführenden Schulen, die Berufsschulen folgen zwei Jahre später .

Mit der Neuregelung setzt das Land die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen um. Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD ) sieht darin "eine der größten Reformen des Bildungssystems" und mahnte einen Mentalitätswandel an. Inklusion sei nicht allein Sache der Schulen, sondern "eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe". Wie viele Förderschulen erhalten bleiben, hänge davon ab, wie viele Eltern sich für diese Schulform entschieden, sagte Commerçon. Bereits heute gehen im Saarland 60 Prozent aller Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in eine reguläre Grundschule. Die CDU-Abgeordnete Gisela Rink betonte jedoch, es sei "eine Illusion zu sagen, alle Kinder können inklusiv unterrichtet werden".

Der Verabschiedung des Gesetzes waren heftige Diskussionen vorausgegangen. Eltern- und Lehrerverbände kritisierten, es gebe zu wenig Förderlehrer. Zudem seien viele Schulen nicht barrierefrei. Auch die Opposition übte Kritik. Barbara Spaniol (Linke) warnte vor dem geplanten Abbau von knapp 600 Lehrerstellen bis 2020 und forderte zusätzliche Stellen für Förderlehrer. Auch Klaus Kessler (Grüne) kritisierte, 105 Förderlehrer für 162 Grundschulen seien zu wenig. Zusätzlich zum inklusiven Unterricht wurde eine flexible Schuleingangsphase beschlossen: Erstklässler können bereits nach einem Jahr ins dritte Schuljahr wechseln oder, bei entsprechendem Förderbedarf, auch erst nach drei Jahren. Über die Versetzung wird am Ende der dritten Klasse entschieden. > : Meinung

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