Frust beschert rechter FPÖ Rekordwahlsieg

Wien · Wut über die Politik, die Wirtschaftslage, den Parteienfilz: Das ist das Feld, auf dem Wahlerfolge der Rechtspopulisten gedeihen. In Österreich fuhr die FPÖ einen historischen Sieg ein.

"Die Rakete in ein neues Zeitalter ist gezündet. Halten sie sich fest." ORF-Wahlmoderator Tarek Leitner fiel es in den Sekunden vor der Bekanntgabe der ersten Hochrechnung leicht, für Spannung zu sorgen. Um 17 Uhr, am 24. April 2016, wurde in Österreich tatsächlich Geschichte geschrieben. Erstmals werden die beiden jahrzehntelang siegverwöhnten Regierungsparteien SPÖ und ÖVP nicht den neuen Bundespräsidenten stellen. Ihre Kandidaten erreichten nur jeweils etwa elf Prozent - keine Chance auf die Stichwahl am 22. Mai. Historisch auch das Abschneiden der europakritischen Rechtspopulisten der FPÖ. Norbert Hofer (45) fuhr in Zeiten der Flüchtlingskrise mit dem Allzeit-Hoch von etwa 36 Prozent den Sieg für die "Blauen" ein.

"Das ist ein Rechtsruck besonderer Güte, weil für einen Protest gegen SPÖ und ÖVP auch zwei andere Kandidaten zur Verfügung standen", analysiert der Politikberater Thomas Hofer. In der Tat waren mit dem ehemaligen Grünen-Chef Alexander Van der Bellen (72) und der Ex-Richterin Irmgard Griss (69) zwei mehr oder weniger unabhängige Kandidaten im Rennen. Die Meinungsforscher hatten den Wirtschaftprofessor mit rot-grüner Vita, die smarte Juristin und den Rechtspopulisten in ihren Umfragen sehr eng beieinander gesehen. Sie lagen falsch.

Die Österreicher sind - das zeigen die Analysen der Wahlforscher - überwiegend wütend und enttäuscht. Nur jeder Zehnte beurteilt die Entwicklung in den vergangenen Jahren positiv, fand das Meinungsforschungsinstitut Sora heraus. 68 Prozent der Bürger sind laut Sora mit der Arbeit der rot-schwarzen Bundesregierung unzufrieden. Frust über die Politik im Allgemeinen treibt 80 Prozent der Menschen um. Dazu kommen die Ängste um den Job angesichts von seit Jahren stetig steigender Arbeitslosigkeit.

Das Feld war für die Rechtspopulisten bestellt. Das "sanfte Gesicht" der FPÖ habe im Wahlkampf und bei den TV-Duellen entschlossen, kompetent und verbindlich gewirkt, meint Politik-Analyst Hofer. Der 45-jährige gehbehinderte Vater von vier Kindern konnte sich als Politiker positionieren, der die Sorgen der Menschen versteht. Er punktete auch mit seinem Credo von der aktiven Rolle des Bundespräsidenten. "Sie werden sich wundern, was alles gehen wird", betonte Hofer beim TV-Duell auf die Frage, ob seine Aussagen zur Gestaltungskraft des Staatsamtes nicht doch etwas forsch seien. Er werde jedenfalls nicht zögern, den Bundeskanzler oder die Regierung zu entlassen, wenn die Dinge in die falsche Richtung liefen.

In der Stichwahl am 22. Mai muss sich der FPÖ-Politiker Hofer mit dem ehemaligen Chef der Grünen, Van der Bellen, messen. Der Ausgang ist trotz des Vorsprungs des FPÖ-Kandidaten offen.

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