Frankreich Ein Gesetz gegen die gelbe Gewalt

Paris · Frankreichs Regierung will nach erneuten Eskalationen härter gegen Randalierer unter den „Gilets jaunes“ vorgehen.

 Seit sechs Wochen halten die „Gelbwesten“ Frankreich in Atem. Unter die Demonstranten (hier ein Bild von Ende Dezember in Paris) haben sich auch Randalierer gemischt, gegen deren Gewalt die Politik nun vorgehen will. Ein neues Gesetz sieht unter anderem Registrierungen und Strafen für Beschädigungen vor.

Seit sechs Wochen halten die „Gelbwesten“ Frankreich in Atem. Unter die Demonstranten (hier ein Bild von Ende Dezember in Paris) haben sich auch Randalierer gemischt, gegen deren Gewalt die Politik nun vorgehen will. Ein neues Gesetz sieht unter anderem Registrierungen und Strafen für Beschädigungen vor.

Foto: AP/Kamil Zihnioglu

Die Handyaufnahmen zeigen einen roten Gabelstapler, der unter dem Jubel der Zuschauer mit voller Wucht in das hölzerne Portal des Hôtel de Rothelin-Charolais fährt. In dem Gebäude in der Pariser Rue Grenelle sitzt zu diesem Zeitpunkt, am Samstagnachmittag gegen 16.30 Uhr, Regierungssprecher Benjamin Griveaux. „Nicht ich wurde angegriffen, sondern die Republik, die Institutionen“, sagt der 41-jährige Vertraute von Präsident Emmanuel Macron, nachdem er von seinen Leibwächtern in Sicherheit gebracht wurde. Die Republik wirkt seit sechs Wochen hilflos angesichts der Randale gewalttätiger „Gilets jaunes“. Jedes Wochenende wiederholen sich die Bilder von geplünderten Geschäften, angegriffenen Polizisten und in Brand gesetzten Präfekturen oder Rathäusern. Die Büros von Abgeordneten werden überfallen, Politiker mit dem Tode bedroht.

„Wir können nicht akzeptieren, dass einige von diesen Demonstrationen profitieren, um in Brand zu setzen und zu zerstören. Sie werden nie das letzte Wort haben“, kündigte Premierminister Edouard Philippe nun an. Er will ein Gesetz auf den Weg bringen, das mehr Strenge gegen die Randalierer vorsieht. Ähnlich wie Hooligans sollen künftig auch die Schläger in gelber Weste in einer Datei erfasst werden, um sie so von Demonstrationen fern zu halten. Außerdem müssen Teilnehmer an einer nicht genehmigten Demonstration ebenso mit einer Strafe rechnen wie Demonstranten, die ihr Gesicht verhüllen. Wer etwas beschädigt, muss dafür zahlen. „Die Randalierer müssen haften, nicht die Steuerzahler“, forderte Philippe am Montagabend im Fernsehsender TF1.

Die Opposition kritisierte die neuen Maßnahmen, die als Gesetzentwurf im Februar ins Kabinett kommen sollen. Die Linkspartei La France Insoumise, die die „Gelbwesten“ unterstützt, sprach von „Bürgerkriegsrhetorik“ und warf der Regierung Repression vor. Den konservativen Republikanern geht das geplante Gesetz dagegen nicht weit genug. Sie fordern die Verhängung des Ausnahmezustands, der erst 2017 aufgehoben worden war. Dass die Regierung härter gegen die gewalttätigen Demonstranten vorgehen will, hatte Innenminister Christophe Castaner schon vor Weihnachten angedeutet, als er die Evakuierung der besetzten Verkehrskreisel anordnete.

Am jüngsten Gewaltwochenende hatten nicht nur die Bilder des Angriffs auf Griveauxs Amtssitz schockiert. Mindestens genauso brutal war die Attacke eines ehemaligen Box-Champions, der mit Fäusten und Tritten auf Polizisten losging. „Angesichts der extremen Gewalt ist extreme Strenge gefordert“, reagierte Haushaltsminister Gérald Darmanin im Radio auf die Bilder. „Das muss aufhören.“

Der Angreifer Christophe Dettinger, der sich am Montag der Polizei stellte, bekam viel Solidarität: Ein für ihn eröffnetes Spendenkonto brachte bis Dienstagmorgen 117 000 Euro zusammen. „Wie weit ist der Hass schon in die öffentliche Debatte gedrungen, wenn Menschen die Gewalt gegen eine Person finanzieren, die für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zuständig ist?“, fragte die Staatssekretärin für Gleichstellung, Marlène Schiappa. Nach der Kritik an der Aktion schloss die Bank Crédit Mutuel das Konto am Nachmittag.

Seit Beginn der „Gelbwesten“-Proteste am 17. November, auf die die Regierung inzwischen auch mit einem milliardenschweren Sozialpaket reagiert hat, wurden rund 1000 Polizisten verletzt. Etwa 5600 Demonstranten kamen in Gewahrsam, rund tausend von ihnen verurteilt.

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