First Ladies im Wartestand suchen noch ihre Rolle

Cindy McCain (54) tritt am Morgen nach dem Comeback ihres Mannes in New Hampshire fast schüchtern vor das Mikrophon im Flugzeug-Hangar von Greenville, South Carolina. Bewundernd spricht die zierliche Frau vom "starken Charakter Johns", seinen Qualitäten als "Ehemann und Vater" und seinem Urteilsvermögen. Nach zwei Minuten ist ihr Auftritt vorüber

 Cindy und John McCain im Wahlkampf in Pennsylvania. Foto: dpa

Cindy und John McCain im Wahlkampf in Pennsylvania. Foto: dpa

Cindy McCain (54) tritt am Morgen nach dem Comeback ihres Mannes in New Hampshire fast schüchtern vor das Mikrophon im Flugzeug-Hangar von Greenville, South Carolina. Bewundernd spricht die zierliche Frau vom "starken Charakter Johns", seinen Qualitäten als "Ehemann und Vater" und seinem Urteilsvermögen. Nach zwei Minuten ist ihr Auftritt vorüber. Der Kandidat gleitet von hinten an ihre Seite, um sie dann sanft in den Hintergrund zu verabschieden. Dort steht sie nun mit ihrem Faltenkostüm, die Hände artig über dem Schoß zusammengefaltet und lächelt gekonnt über die Schulter des Präsidentschaftskandidaten.

Michelle Obama (44) gibt ihrem Mann Barack nach der Sicherung der Nominierung auf der Bühne einen partnerschaftlichen Faustknuff. Der legere "Bump" erwies sich als Wasser auf die Mühlen konservativer Moderatoren, die versuchen, Michelle zu einer Radikalen zu stilisieren. An Selbstbewusstsein mangelt es der energischen Mutter und Managerin allerdings nicht. Bei ihren Auftritten hat sie viel Gutes über ihren Mann zu sagen. Zum herzhaften Lachen ihrer Zuhörer verrät sie aber auch Schwachpunkte: dass er schnarcht, die Socken auf dem Boden lässt und morgens aus dem Mund riecht.

Cindy McCain und Michelle Obama - die beiden Frauen könnten verschiedener nicht sein. Die eine kleidet sich wie eine Märchen-Prinzessin, während die Lebensgeschichte der anderen sie zu einer modernen Version davon machen könnte. Cindy McCain wuchs als wohl behütete Tochter einer Millionärsfamilie auf, während Michelle Obama lernen musste, sich auf der bettelarmen South Side von Chicago durchzukämpfen. Dank großzügiger Stipendien konnte Michelle in Princeton und Harvard studieren. Anschließend arbeitete sie sich die Karriereleiter hoch. Cindy erbte 100 Millionen US-Dollar von ihrem Vater Jim Hensley, der sein Geld mit dem Vertrieb von Budweiser & Co verdiente. Die schwarze Anwältin lernte ihren Mann in der Kanzlei "Sidley&Austin" von Chicago kennen, wo sie ihn als Mentorin begleitete. Die blonde Sonderschullehrerin ließ sich von dem 18 Jahre älteren Kriegshelden aus Vietnam bei einem Empfang umwerben. Der Altersunterschied, ihr Vermögen und der Umstand, die zweite Ehefrau des Kandidaten zu sein, lässt Cindy mit dem Vorurteil ringen, ein "Trophy-Wife" (Vorzeige-Frau) zu sein. Michelle umgekehrt steht in Gefahr, als zu dominant zu wirken.

Beide Kandidaten-Frauen drängte es nicht nach Washington. McCain zog ihre vier Kinder in Phoenix, Arizona, groß und engagierte sich für verschiedene Wohltätigkeits-Organisationen. Michelle Obama blieb in Chicago, wo sie mit den Anforderungen als Managerin der Universitätskliniken, ihrer Rolle als Politikerfrau und der Erziehung ihrer beiden Töchter jonglieren musste.

Aus diesen Unterschieden in Temperament und Erfahrung rühren die Vorbilder, denen die unkonventionelle Michelle und die nach Perfektion strebende Cindy nacheifern.

Michelle schwebt mehr eine partnerschaftliche Rolle vor, wie sie in unterschiedlichen Nuancen Jackie Kennedy, Rosalyn Carter und Hillary Clinton ausgefüllt haben. Cindy dagegen orientiert sich eher an der klassischen Rolle der Unterstützerin, die Laura und Barbara Bush sowie Nancy Reagan einnahmen. Britischen Reportern erzählte sie kürzlich, als "First Lady" versuche sie sich an Diana, der Prinzessin von Wales zu orientieren.

Entsprechend einseitig machen die Medien schon heute die Äußerungen Michelles zum Thema, während für Cindy eher Stil- und Haltungsnoten vergeben werden. Die Meinungen der Experten sind geteilt, ob die Persönlichkeit der Kandidatenfrauen Einfluss auf die Präsidentschaftswahlen haben wird. Zumal weder die eine noch die andere sehr repräsentativ für die Alltagserfahrung "normaler" Amerikanerinnen ist.

Hintergrund

Über die kostspielige Ausstattung der republikanischen Kandidatin für das US-Vizepräsidentenamt, Sarah Palin, werden immer mehr Details bekannt. Nach einem Bericht der "New York Times" vom Freitag floss allein in den ersten beiden Oktoberwochen an die Visagistin der Gouverneurin von Alaska ein Honorar von 22800 Dollar (18240 Euro). Der außenpolitische Chefberater von John McCain, Randy Scheunemann, habe im selben Zeitraum 12500 Dollar bekommen, hieß es. An die mitreisende Friseurin Palins gingen - ebenfalls in der ersten Oktoberhälfte - 10000 Dollar (8000 Euro), wie die "New York Times" unter Berufung auf Unterlagen der Bundeswahlbehörde berichtete. dpa

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