Autozulieferer Firma Voit startet in die Elektroauto-Welt

St. Ingbert · Der St. Ingberter Autozulieferer drosselt zwar das Wachstumstempo, mischt aber schon mit beim Aufbau der künftigen Mobilität.

 Der Autozulieferer Voit ist dabei, die Produktpalette zu verbreitern. Um dieses Ziel zu erreichen, soll weiter investiert werden. Unser Bild zeigt Anton Widner bei der Kontrolle eines Bauteils.

Der Autozulieferer Voit ist dabei, die Produktpalette zu verbreitern. Um dieses Ziel zu erreichen, soll weiter investiert werden. Unser Bild zeigt Anton Widner bei der Kontrolle eines Bauteils.

Foto: BeckerBredel

Zurückblicken aufs Frühjahr mag Hendrik Otterbach nicht so gern, er will lieber nach vorn schauen. In die elektromobile Zukunft, die der St. Ingberter Autozulieferer Voit mitgestalten will – und in die das Unternehmen schon aufgebrochen ist.

Ende März hatte es einen Umbruch gegeben. Die Traditionsfirma hatte sich von ihrem langjährigen Geschäftsführer Carsten Schubert getrennt. „In Unternehmen kommt es häufiger zu Personalwechseln im Management, dadurch wird aber die strategische Ausrichtung bei Voit nahezu unverändert bleiben“, versichert der kaufmännische Geschäftsführer Otterbach, der nach dem Weggang Schuberts in die Rolle des Vorstandssprechers aufgerückt ist. Die alten und neuen Ziele sind: die etablierte Produktion von Getriebeteilen vor allem für ZF weiter stärken, das Geschäft mit der E-Mobilität vorantreiben, neue Standorte im Ausland aufbauen und Voit mehr und mehr zu einem direkten Zulieferer der Autokonzerne machen.

Unstimmigkeiten habe es in der Vergangenheit mit dem früheren Kollegen über die Dimension und Geschwindigkeit gegeben, diese Wachstumsstrategie umzusetzen, erläutert Otterbach. Jetzt nimmt die Geschäftsführung etwas Tempo heraus. „Wenn wir in die Elektromobilität gehen und neue Auslandsstandorte aufbauen, ist das hoch investitionslastig. Das ganze Geld muss ja auch besorgt werden“, sagt der Finanzchef. So habe das Führungsteam zum Beispiel das – für ein mittelständisches Unternehmen herausfordernde – „Abenteuer China für zwei bis drei Jahre nach hinten geschoben“. Die Finanzkraft zu stärken, hat demgegenüber Vorrang, zumal Voit Anfang des Jahres gerade erst von ZF die Mehrheit an der lothringischen Gießerei Fonderie Lorraine übernommen hat. Die hohe Investitionsquote von „15 Prozent gemessen am Umsatz“ soll auf ein „Normalmaß“ sinken, sagt Otterbach. Voit strebt nun – weiterhin überdurchschnittliche – Werte von „kleiner gleich zehn Prozent“ an. In der Branche sind einer Untersuchung der Deutschen Industriebank IKB zufolge zwischen fünf bis sechs Prozent des Umsatzes üblich.

„Ein Drittel unserer Neuinvestitionen fließt in den Bereich Elektromobilität“, sagt Technik-Chef Christoph Langehenke. Dort sieht das Management ein großes Wachstumsfeld und damit die Zukunft. Inzwischen hofft man bei Voit nicht nur auf Erfolge in der Welt alternativer Antriebe, die ersten beiden Aufträge sind da: Voit fertigt ab dem kommenden Frühjahr Kühlgehäuse für Elektromotoren, die in Hybrid-Autos von Audi (Q5) eingebaut werden, und ebenfalls für Audi Startergehäuse reiner E-Mobile (Q6 e-tron). Noch sind die erwarteten Stückzahlen klein. Bei dem Kühlgehäuse gehe es um die Lieferung für den Bau von 40 000 bis 50 000 SUVs im Jahr, bei dem Starter-Teil um 45 000 bis 75 000 im Jahr. Aber Voit hat einen Fuß in der Tür. Bei der Technik für Elektroautos „wollen wir in den Massenmarkt. Da ist es gut, von Anfang an dabei zu sein“, sagt Otterbach. Genauso, wie es mit dem Voit-Großkunden ZF lief. Zunächst hatten die St. Ingberter für das Sechs-Gang-Automatik-Getriebe geliefert, später auch für das Achtgang-Getriebe, von dem heute im Saarland 2,5 Millionen im Jahr gebaut werden.

Ebenfalls im kommenden Jahr legt die Fertigung von Teilen für elektrische Lenkungen deutlich zu. Diese Lenkungen würden auch beim (teil-)autonomen Fahren gebraucht, sagt Langhenke. Also sei Voit auch mit diesem Produkt mittendrin in einem Zukunftsthema. Eine Million zusätzliche Teile soll das Unternehmen bauen. Mehr als 2,5 Millionen fertige Voit dann insgesamt pro Jahr, sagt der Technik-Chef. Sein Fazit: „In der Elektrifizierung des Autos liegen Chancen für Voit.“

 Voit-Sprecher Hendrik Otterbach

Voit-Sprecher Hendrik Otterbach

Foto: Oliver Dietze

Die von Experten prophezeiten Umbrüche in der Autoindus­trie schrecken die Voit-Führung offenbar nicht. Für die neue Welt der Elektromobilität und des autonomen Fahrens „sind wir startklar“, sagt Otterbach. Er scheint darauf zu warten, dass der Boom beginnt.

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