Gasthaus Zahm Fast wie bei Trump: Saarbrücker Lokal eckt mit Anti-AfD-Appell an

Saarbrücken · Dass ein Facebook-Post ungeahnte Folgen haben kann, haben schon einige Beispiele aus der Vergangenheit gezeigt. Jetzt wurde ein Saarbrücker Traditionsrestaurant zur Zielscheibe der Netzgemeinde.

Gasthaus Zahm: Fast wie bei Trump: Saarbrücker Lokal eckt mit Anti-AfD-Appell an
Foto: dpa/Jens Kalaene

Und das, obwohl alles recht harmlos begann: Freitag, 22. Juni, 19.45 Uhr: Jürgen Petry, Inhaber des Gasthauses Zahm am St. Johanner Markt, schreibt auf der Facebook-Seite seines Lokals: „Ich lege Wert auf die Feststellung, dass AfD-Anhänger im Gasthaus Zahm nicht gerne gesehen sind. Bitte weitersagen!“ Dass er damit Reaktionen hervorrufen würde, war Petry bewusst. Doch mit der Art der Resonanz hatte er, wie er zwei Tage später der Plattform sol.de versichert, nicht gerechnet. Mehr als 5000 Mal wird der Post kommentiert, mehr als 2500 Mal geteilt. Da wo anfangs noch Zuspruch und Lob Platz finden, bahnt sich nach zwei Tagen eine regelrechte Lawine rechter Hetze ihren Weg. 

„Mit Nazimethoden angebliche Nazis bekämpfen. Wie ekelhaft. Da sieht man doch, wer die wahren Faschisten sind! Ich hoffe, euer Laden geht ganz schnell bankrott!“, schreibt etwa eine Facebook-Nutzerin. Immer wieder tauchen Vergleiche mit der Nazi-Zeit auf. Etliche Kommentatoren erinnern an den nationalsozialistischen Aufruf „Kauft nicht beim Juden“ und unterstellen dem Gasthaus, eine bestimmte Gruppe auszuschließen. Einige wollen wissen, wie das Lokal AfDler künftig ausfindig machen wolle. „Gibt es jetzt einen Gesinnungstest am Eingang?“, fragt einer der Kommentatoren.

Zu sachlicher Kritik gesellen sich zunehmend derbe Beschimpfungen und diskreditierende Kommentare. So warnen einige vor „Ungeziefer in der Küche“, prangern „dreckige Zustände“ und „Uringestank“ an. Andere posten Aufrufe wie „Macht dicht, diesen Drecksladen“ oder „Boykott allen Feinden der Demokratie“. Auffällig ist, dass es sich anders als in den ersten zwei Tagen, in denen viele Saarländer ihren Senf dazugeben, plötzlich um Nutzer handelt, die das Restaurant höchstwahrscheinlich noch nie betreten haben. Ihre Accounts führen nach Dresden, Zwickau oder Lübeck. Urplötzlich scheint ganz Deutschland auf dem St. Johanner Markt unterwegs zu sein. Und was für ein Deutschland: Die Facebook-Chroniken sind voll von Nationalflaggen, „Merkel-muss-weg“-Plakaten, AfD-Werbung und Berichten über kriminelle oder vermeintlich kriminelle Ausländer. Daraufhin hat Gasthaus-Betreiber Petry am Sonntagabend erneut auf Facebook und auf ironische Weise zu dem rechten Shitstorm Stellung genommen: „(…) Das bisschen Hass wie ‚Theke vollkotzen’ oder ‚Bude abfackeln’ ist ja weiter nicht tragisch, irgendwie muss der Ärger ja raus, verstehe ich alles. (...) Ein bisschen Spaß darf bei politischen Aktionen nicht fehlen, oder? In diesem Sinne wünsche ich noch eine schöne WM mit großem Erfolg der deutschen Nationalmannschaft.“

Gegenüber der SZ wollte er sich gestern nicht zu dem Vorfall äußern. Er verwies lediglich auf die Seite des sozialen Netzwerks, auf der beide Postings nach wie vor aufrufbar sind, und auf das Bewertungsportal Tripadvisor.

Sol.de hatte am Montag von einem weiteren Shitstorm auf dem Bewertungsportal berichtet. Davon war gestern Nachmittag jedoch nichts mehr zu sehen.

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