"Fackel der Demokratie" brennt wieder

Rangun. Es ist 17.30 Uhr Ortszeit am Samstag, als das Hoffen und Beten endlich ein Ende hat: Polizeibeamte räumen die Absperrungen am Haus der birmanischen Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi, tausende Menschen strömen freudig an den Zaun des Anwesens, das in den vergangenen sieben Jahren das Gefängnis ihrer Heldin war

 Aung San Suu Kyi spricht am Sonntag vor Anhängern. Foto: dpa

Aung San Suu Kyi spricht am Sonntag vor Anhängern. Foto: dpa

Rangun. Es ist 17.30 Uhr Ortszeit am Samstag, als das Hoffen und Beten endlich ein Ende hat: Polizeibeamte räumen die Absperrungen am Haus der birmanischen Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi, tausende Menschen strömen freudig an den Zaun des Anwesens, das in den vergangenen sieben Jahren das Gefängnis ihrer Heldin war. Lächelnd winkt Aung San Suu Kyi über das rote Tor ihres Hauses in Rangun. Die Freude ihrer Anhänger ist ebenso groß wie die Hoffnung, die auf den schmalen Schultern der zierlichen Frau lastet.

Suu Kyi genießt nach Jahren völliger Abschottung das Wiedersehen mit ihren Anhängern. "Wir müssen im Einklang zusammenarbeiten", ruft sie der Menge zu und macht damit deutlich, dass sie ihren Kampf für Demokratie in Birma fortsetzen wird. Ihre Anhänger hüpfen vor Freude, fallen sich in die Arme und jubeln ausgelassen, obwohl sie von Sicherheitsbeamten beäugt und gefilmt werden. Es treffen immer mehr Menschen ein, sie halten Plakate mit dem Bild ihrer Ikone in die Höhe, die für sie die Hoffnung auf ein besseres Leben verkörpert. "Wir sind so glücklich. Das ist nicht nur die Befreiung von Suu Kyi, das ist auch die Befreiung des Volkes", sagt ein Mitglied ihrer Partei "Nationale Liga für Demokratie" (NLD).

Die Euphorie liegt auch noch in der Luft, als Suu Kyi am Sonntag erstmals wieder in Freiheit erwacht. Als die 65-Jährige vor dem Sitz ihrer Partei ihre erste Rede hält, strömen hunderte Menschen herbei. "Ich will mit allen demokratischen Kräften zusammenarbeiten", verspricht sie ihren Anhängern.

Aber Beobachter warnen, dass auch die Friedensnobelpreisträgerin die Erwartungen auf eine schnelle Wende zur Demokratie in Birma nicht über Nacht erfüllen kann. Die 65-Jährige hat 15 der vergangenen 21 Jahre in Haft oder unter Hausarrest verbracht. Seit Mai 2003 lebte sie abgeschnitten von der Außenwelt ohne Telefon und Internet. "Die arme Frau hat eine große Last auf ihren Schultern, und sie kann auch keine Wunder vollbringen", gibt der Birma-Experte Aung Naing Oo zu bedenken.

Zudem haben sich das südostasiatische Land und seine politische Landschaft geändert: Während viele führende Mitglieder in Suu Kyis NLD-Partei um die 80 Jahre alt sind, haben sich jüngere Mitglieder abgespalten und in der Partei Nationaldemokratische Kraft (NDF) zusammengeschlossen. Grund war ein Streit: Während der alte Kern der NLD die umstrittenen Parlamentswahlen vor einer Woche wegen der Inhaftierung Suu Kyis boykottierten, sprachen sich die Abweichler für eine Teilnahme aus.

Es stellt sich also die Frage, ob Suu Kyi alle Gegner der Militär-Regierung wieder hinter sich vereinigen kann. Die NDF signalisierte zumindest schon Bereitschaft zur Zusammenarbeit: Suu Kyi sei die "Fackel der Demokratie" in Birma, sagt Parteichef Khin Maung Swe.

Meinung

Nur ein Funke Hoffnung

Von SZ-Redakteur

Peter Seringhaus

Größer könnte der Kontrast zwischen den Orden behängten Militärs und der zierlichen 65-Jährigen nicht sein. Seit Jahren bietet Aung San Suu Kyi den brutalen Machthabern in Birma die Stirn und wurde so zur Hoffnungsträgerin einer geschundenen Nation. Nach dem Ende des Hausarrestes hat Suu Kyi da weitergemacht, wo sie aufgehört hatte. Wie lange die Generäle dabei zuschauen, ist ungewiss. Bisher haben sie nie lange gefackelt. Aber in Birma wächst Widerstand. Mönche und Studenten gingen vor drei Jahren auf die Straße, nun formiert sich wieder die politische Opposition. Sollten die Chinesen, die aus strategischen Gründen die Machthaber stützen und großen Einfluss besitzen, die Junta auf einen zurückhaltenden Kurs gebracht haben? Dann wären staatliche Reaktionen nur aufgeschoben. Denn an einer Demokratisierung der Region hat Peking sicher kein Interesse. So bleibt zurzeit nur ein Funke Hoffnung für Birma.

 Aung San Suu Kyi sprach gestern vor Anhängern. Foto: dpa

Aung San Suu Kyi sprach gestern vor Anhängern. Foto: dpa

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