Expertin: "Hartz IV unterschätzt Bedürfnisse von Kindern"

Frankfurt. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Irene Becker hält die Regelsätze zum Hartz-IV-Bezug für ungenügend. Unter anderem werde der Bedarf von Kindern systematisch unterschätzt, sagte Becker

Frankfurt. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Irene Becker hält die Regelsätze zum Hartz-IV-Bezug für ungenügend. Unter anderem werde der Bedarf von Kindern systematisch unterschätzt, sagte Becker. "Auch die neuen Änderungen, die für Hartz-IV-Empfänger mit Schulkindern etwas mehr Geld vorsehen, haben daran nichts geändert", erläuterte die Armutsforscherin, die 2008 für das Hessische Landessozialgericht untersucht hatte, ob die Hartz-IV-Regelsätze für Familien mit Kindern das verfassungsrechtliche Existenzminimum sicherstellen. Das Landessozialgericht hatte das verneint und den Rechtsstreit dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, darüber wird nun verhandelt. Becker kritisierte, dass bestimmte Ausgaben aus dem errechneten Bedarf bei Hartz IV ausgeklammert wurden. Das sei besonders problematisch, wenn Kinder im Haus sind. Kosten für Bildung wie Nachhilfe oder selbst eintägige Klassenfahrten würden im Regelsatz bisher nicht berücksichtigt. Seit Juli dieses Jahres würden zwar 8,33 Euro monatlich zusätzlich für Schulausgaben gezahlt. "Das reicht aber nicht", sagt Becker. Sie kritisierte zudem, dass bisher nicht offen gelegt wurde, wie die derzeitigen Regelsätze für Kinder ermittelt wurden. So erhalten derzeit Kinder bis fünf Jahre nur 60 Prozent des Regelsatzes, von sechs bis 13 Jahre 70 Prozent und ältere 80 Prozent. Wachse ein Kind mal besonders schnell, müssten in kurzer Zeit mehrere Hosen gekauft werden. Solche Sonderbedarfe berücksichtigten die pauschalen Regelsätze nicht. "Pauschalierung ist nicht generell schlecht, zumindest bei regelmäßigen Ausgaben", betonte Becker. Bei Hartz IV gehe sie aber zu weit. Notwendig seien Öffnungsklauseln, um notfalls individuell auf den Bedarf von Kindern einzugehen zu können. epd

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