40. Geburtstag Europas „Duracell“-Präsident wird 40

Paris · Frankreichs Elyséechef, Emmanuel Macron, feiert runden Geburtstag – und zwar in einem Prunkschloss an der Loire. Ist das für einen Staatsmann zu pompös?

 Der französische Präsident Emmanuel Macron wird 40.

Der französische Präsident Emmanuel Macron wird 40.

Foto: dpa/Thibault Camus

Emmanuel Macron ist in Bewegung. Deshalb führte der französische Präsident sein jüngstes Fernsehinterview auch nicht hinter einem Schreibtisch, sondern beim Spaziergang durch den Elysée. Wie immer war die Inszenierung genau durchdacht. Nahaufnahme der goldenen Pendeluhr, die sein Büro schmückt. Schwenk auf die modernen Teppiche, die die alte Dekoration ersetzen. Die Bilder sollten einen Mann zeigen, der eine Mischung aus Tradition und Moderne verkörpert. Bei den Franzosen kommt der Stil des Staatschefs, der heute 40 wird, gut an: laut Odoxa-Umfrage sind 54 Prozent mit seiner Arbeit zufrieden.

Dabei war Emmanuel Macron vor einem Jahr den meisten Franzosen noch unbekannt. Als früherer Wirtschaftsminister ging er auf aussichtsloser Position ins Rennen um das Präsidentenamt. Als Kandidat der Mitte, der sich weder rechts noch links einordnete, zerschmetterte er innerhalb weniger Monate das traditionelle Parteienspektrum. Gleichzeitig profitierte der charismatische Jungstar von der Schwäche seiner Konkurrenten.

Seine größte Widersacherin Marine Le Pen schaltete Macron in einer Fernsehdebatte aus, die in die Annalen des Landes einging. Die sonst so wortgewaltige Rechtspopulistin wirkte gegen den überzeugten Pro-Europäer komplett überfordert. Wenige Tage später verlor die Chefin des Front National die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen deutlicher, als Umfragen es vorhergesagt hatten. Und Macron zeigte am Abend des 7. Mai, was Frankreich von ihm zu erwarten hat: Unter den Klängen der Europahymne durchschritt er den Hof des Louvre. Spätestens da wurde klar, dass Macron einen anderen Führungsstil plant als sein Vorgänger François Hollande, der „normale Präsident“.

Hollandes früherer Wirtschaftsberater sah sich eher in der Tradition von François Mitterrand, einem Präsidenten, der wenig sprach und viel Distanz hielt. Und so wurde über Nacht aus dem Kandidaten zum Anfassen der Monarch Macron. Für seine neue Rolle setzte der jüngste Staatschef seit Napoleon das ganze Dekor ein, das Frankreich zu bieten hat. So lud er Wladimir Putin ins Schloss von Sonnenkönig Ludwig XIV nach Versailles ein, dinierte mit Donald Trump auf dem Eiffelturm und konferierte mit 50 Staatschefs auf einer Seine-Insel über das Klima. Den „Duracell-Hasen der Diplomatie“ nannte ihn die britische Zeitschrift „The Economist“.

Das US-Magazin „Time“ machte ihn im November zum nächsten Anführer Europas – „wenn er es schafft, Frankreich zu führen.“ Seine Führungsrolle in Europa fällt dem Präsidenten praktisch in den Schoß, denn Großbritannien verabschiedet sich mit dem Brexit und Deutschland ist durch die Regierungsbildung gelähmt. „Ich will nicht der Anführer Europas sein. Ich will einer der Anführer jener neuen Generation sein, die zutiefst davon überzeugt ist, dass unsere Zukunft europäisch ist“, sagte Macron im Interview mit „Time.“

Wie die europäische Zukunft aussehen soll, weiß der einstige Invest­mentbanker ganz genau. In einer leidenschaftlichen Rede an der Sorbonne entwarf der Träger des nächstes Karlspreises das Bild eines souveränen Europas, das sich in Schlüsselbereichen wie Verteidigung und Terrorabwehr zusammenschließt. Auch die bei vielen Mitgliedern verpönte Idee einer Reform der Eurozone mit einem gemeinsamen Budget brachte Macron auf den Tisch. Dort liegt sie seither, ohne dass etwas damit passiert. Denn die Debatte über das Reformprojekt wurde von Dezember auf März verschoben – in der Hoffnung, dass dann eine handlungsfähige Bundesregierung mitreden kann.

Seine Landsleute beobachten den Elan ihres Staatschefs eher wohlwollend. „Zum ersten Mal seit langem denken die Franzosen, dass die Lage des Landes sich verbessern kann“, schreibt die Zeitung „Libération“. Wohl auch deshalb blieben die erwarteten Massenproteste gegen Macrons Reformprojekte bisher aus.

Allerdings fühlen sich bereits nach sieben Monaten viele Franzosen von Macrons Reformen abgehängt. Der Staatschef, der bisher vor allem die rechte Wählerschaft zufriedenstellt, gilt ihnen als „Präsident der Reichen“. Mit einer weitgehenden Abschaffung der Vermögenssteuer und abfälligen Äußerungen über Arbeitslose trug Macron selbst zu diesem Ruf bei.

Am Wochenende feierte er seinen Geburtstag im Prunk-Schloss Chambord, gebaut für König François I. Den Vorwurf, dadurch zu den Privilegierten zu gehören, wollte der Präsident aber nicht stehen lassen. „Man darf nicht in diese Kleingeistigkeit verfallen, die viele haben, die in allem Symbole sehen wollen“, sagte er. Mit seiner Frau Brigitte und rund 15 weiteren Familienangehörigen habe er in einer Ferienwohnung bei dem Schloss eine vorgezogene Weihnachtsfeier organisiert. Für die Unterkunft in der Nähe des Schlosses habe er 800 Euro aus eigenen Mitteln bezahlt und weitere 600 Euro für ein Essen in einem Saal des Schlosses. „Das war ein vernünftiger Preis, den sich ein Präsident leisten kann, der seiner Familie eine Freude machen will.“

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