Europa hilft Italien beim Flüchtlingsdrama

Brüssel. Europa greift Italien unter die Arme, um den Ansturm an Flüchtlingen bewältigen zu können. Bereits in wenigen Tagen sollen Mitarbeiter der EU-Grenzschutzagentur Frontex eine neue Mission vor Ort beginnen. "Außerdem werden wir die Bitte aus Rom nach finanziellen Hilfen prüfen", kündigte ein Sprecher von Innenkommissarin Cecilia Malmström gestern in Brüssel an

Brüssel. Europa greift Italien unter die Arme, um den Ansturm an Flüchtlingen bewältigen zu können. Bereits in wenigen Tagen sollen Mitarbeiter der EU-Grenzschutzagentur Frontex eine neue Mission vor Ort beginnen. "Außerdem werden wir die Bitte aus Rom nach finanziellen Hilfen prüfen", kündigte ein Sprecher von Innenkommissarin Cecilia Malmström gestern in Brüssel an. Der italienische Innenminister Roberto Maroni hatte in einem Brief rund 100 Millionen Euro aus der Gemeinschaftskasse gefordert. So viel wird es nicht werden. Als vor wenigen Monaten Griechenland unter einer Flüchtlingswelle über Land zusammenbrach, machte die EU gerade mal 9,8 Millionen Euro locker.Doch selbst diese kargen Andeutungen von Solidarität klingen besser, als sie sein werden. Europas Umgang mit Flüchtlingen steckt voller Widersprüche. Und alle Versuche beispielsweise der Kommissarin, daran etwas zu ändern, wurden von den Mitgliedstaaten bisher strikt abgeblockt. So verfügt die Grenzschutzagentur Frontex mit Sitz in Warschau über einen Jahresetat von nur 90 Millionen Euro, ein Drittel ist für Personalkosten reserviert. Werden in Brüssel neue Einsatzmissionen beschlossen, muss Frontex bei den Mitgliedstaaten um Polizisten, Schiffe oder Hubschrauber betteln gehen. Als Malmström eine Pflicht zur Bereitstellung von Mann und Gerät durchsetzen wollte, legten sich vor allem die Mitgliedstaaten quer, die keine Außengrenze haben.

In Brüssel kann man die Klagen der Küstenstaaten wiederum nicht mehr hören, die sich gerne - wie jetzt Italien - beschweren, "von Europa alleine gelassen zu werden". Dabei erhalten sie millionenschwere Zahlungen, um eine eigene Infrastruktur zur Aufnahme von Flüchtlingen aufzubauen und vorzuhalten. Das gilt auch für das Lager auf Lampedusa, das für 800 Menschen konzipiert wurde, derzeit aber mit 2000 Flüchtlingen völlig überfüllt ist. Aus der in einigen Mitgliedstaaten wiederaufgeflammten Diskussion über die Aufnahme von Flüchtlingen zur Entlastung Roms hält sich die Kommission heraus. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel auch gestern an ihrem Nein festhielt, signalisierte Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, er sei bereit, einige hundert Flüchtlinge ins Land zu lassen.

In Brüssel setzt man da lieber auf die Nordafrika-Tournee von Chefdiplomatin Catherine Ashton. Sie habe umfangreiche Hilfszusagen für Tunesien, das bereits jedes Jahr 80 Millionen Euro aus dem Fonds für Nachbarschaftshilfe bekommt, im Gepäck. Und auch Ägypten werde nicht leer ausgehen. Unklar war gestern aber noch, ob Ashton in Kairo überhaupt empfangen wird. Derweil mehren sich in Brüssel noch ganz andere Stimmen: Man solle das beschlagnahmte Vermögen der tunesischen Herrscherfamilie sowie jene fast 40 Milliarden, die der ägyptische Herrscher Husni Mubarak angeblich im Ausland geparkt hat und um deren Beschlagnahme die EU gebeten wurde, doch einfach den Ländern zurückgeben, hieß es aus dem Europäischen Parlament. Dann hätten die Menschen die Wiederaufbauhilfe, die man ihnen bisher vorenthalten habe.

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