Interview Simone Peter „Es bleiben nur wenige Optionen“

Die Grünen-Chefin hält die Ausstiegsgründe der Liberalen für „unglaubwürdig“.

 Die Vorsitzende der Grünen, Simone Peter.

Die Vorsitzende der Grünen, Simone Peter.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Frau Peter, wie überraschend kam für Sie das Aus für Jamaika? War das von langer Hand geplant?

PETER Die FDP hat von Anfang an ihren Unwillen und ihre prinzipielle Distanz zu einer Regierungsbeteiligung in den Gesprächen zum Ausdruck gebracht und in den letzten Tagen spürbar konkrete Ausstiegsanlässe gesucht. Der Zeitpunkt des Ausstiegs in der finalen Phase, die von weitreichenden Kompromissangeboten geprägt war, kam dann aber doch überraschend.

Ist es wirklich an Knackpunkten wie dem Soli gescheitert oder sind das nur Ausreden?

PETER Die FDP hat mit uns zusammen ein Digitalisierungspaket in Höhe von 10 Milliarden Euro, ein umfassendes Bildungspaket, den Wegfall der Vorratsdatenspeicherung und vieles mehr bekommen. Auch beim Soli gab es harte Kompromisse, die uns nicht leicht gefallen sind. Die Begründung der FDP war deshalb alles andere als glaubwürdig.

2012 ist Jamaika im Saarland gescheitert. Sie waren damals als Umweltministerin an der Regierung beteiligt. War das Platzen der Sondierungen am Sonntag für Sie eine Art Dé­jà-vu?

PETER Auch im Saarland ist Jamaika im Wesentlichen an der FDP gescheitert. Und auch dort war es nicht völlig überraschend, kurz nach Neujahr 2012 aber dann doch sehr plötzlich. Jamaika ist eine komplizierte Konstellation, die hohes Vertrauen der Beteiligten und Verbindlichkeit der Partner braucht. Das konnten die Liberalen an Saar und Spree nicht leisten.

Sie halten Neuwahlen nun für die wahrscheinlichste Option. Warum?

PETER Es bleiben nur wenige Optionen, die wir auch mit dem Bundespräsidenten besprochen haben. Alle demokratischen Parteien sind nun gefordert, Verantwortung zu übernehmen und Regierungsoptionen auszuloten. Sollte aber weiterhin die FDP die Schmollecke bevorzugen und die SPD ihre Selbstbeschäftigung fortsetzen, dann blieben am Ende eines komplizierten Verfahrens nur Neuwahlen.

Die Grünen sind bei den Sondierungen bis an die Schmerzgrenze gegangen. Wäre es nicht unglaubwürdig, jetzt im Falle von Neuwahlen mit Ihren ursprünglichen Forderungen anzutreten?

PETER Unglaubwürdig wäre es, bei Wahlen nicht mit 100 Prozent grünen Inhalten anzutreten. Denn dafür stehen wir. Sollte es zu Neuwahlen kommen, werden wir deshalb unsere Forderung nach einem Ende des fossilen Verbrennungsmotors, einem stikten Rüstungsexportgesetz oder einer humanitären Asylpolitik ebenso in unser Programm schreiben wie die anderen Parteien ihre eigenen Vorstellungen jeweils auch. Dass man in einer Koalition mit anderen Parteien davon dann nicht 100 Prozent durchsetzen kann, sondern Kompromisse machen muss, versteht sich von selbst.

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