Interview Paul Badde „Er war zuweilen recht ängstlich“

Rom · Der ehemalige Vatikan-Korrespondent spricht über das Pontifikat von Benedikt XVI.

 Journalist Paul Badde war besonders nahe dran an Papst Benedikt XVI.

Journalist Paul Badde war besonders nahe dran an Papst Benedikt XVI.

Foto: Badde

Kaum ein Berichterstatter war so nahe an Benedikt XVI. dran wie der Journalist Paul Badde (69). Für die Tageszeitung „Die Welt“ berichtete er aus Rom und dem Vatikan, insbesondere über das Pontifikat Benedikt XVI. von 2005 bis 2013. Im Februar erschien von ihm der Band „Papst Benedikt XVI. – Seine Papstjahre aus nächster Nähe“.

Was sind die tatsächlichen Gründe für seinen Rücktritt vor fünf Jahren?

BADDE Gespielt hat er mit dem Gedanken eines Amtsverzichts wohl von Anfang an. Im Laufe des Jahres 2012 wurde ihm aber felsenfest klar, er kann nicht mehr und hat sich wohl selbst nur noch ein knappes halbes Jahr gegeben.

Der Vatileaks-Skandal mit den von seinem Kammerdiener an die Presse weitergegebenen Dokumenten oder Machtkämpfe im Vatikan spielten keine Rolle?

BADDE Nicht direkt für den Rücktritt. Es war mehr eine große persönliche Enttäuschung für Benedikt, das stimmt. Den Entschluss zur Resignation selbst aber haben sie nicht mehr wirklich begründet.

Wie sehr mischt sich Benedikt XVI. heute noch ein?

BADDE Gar nicht. Er wird sich hüten und hat natürlich auch Papst Coelestin V. (1209 – 1296) vor Augen, der von Bonifaz VIII. (1235 – 1303) in den Kerker von Fumone gesteckt wurde, damit er nicht hinter dem Rücken seines Nachfolgers eine Art Gegenpontifikat entfaltete.

Was denkt Benedikt über Papst Franziskus und den Zustand der Kirche?

BADDE Dazu wird er kein Sterbenswort sagen. Er wird schon genug mit dem Staunen zu tun haben, und mit dem Hören, und mit dem, was ihm sein Bruder Georg alles am Telefon erzählt.

Was würden Sie als das geistige Erbe Benedikt XVI. bezeichnen?

BADDE Seine Trilogie über Jesus von Nazareth, sein Ringen um die Versöhnung von Glaube und Vernunft (und der Reinigung von beiden) und seine Riesenschritte auf das Judentum zu – und natürlich sein Amtsverzicht. Dann die Rettung der Liturgie aller Zeiten für die katholische Kirche.

Welches waren Seine größten Versäumnisse und Fehler?

BADDE Er hatte nicht immer eine glückliche Hand in Personalentscheidungen und war zuweilen auch recht ängstlich oder zu vorsichtig. Oder anders, problematisch wurde bisweilen auch seine freundliche Milde.

Warum tat sich die Öffentlichkeit so schwer mit Benedikt?

BADDE Vor allem aus zwei Gründen: Erstens, weil er einerseits wie ein Fels in der Brandung stand und ganz fest und entschlossen in einer Welt ständiger Relativierungen am Begriff einer unwandelbaren Wahrheit festgehalten hat. Zweitens, weil er über solch einen überlegenen und souverän-luziden Geist verfügte, dass er von Anfang an den Neid und Ablehnung zahlloser Professoren auf sich zog, wie Kardinal Meisner einmal sagte.

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