Daten-Missbrauch Empörung über neues Ausmaß im Facebook-Skandal

Menlo Park/Berlin · Daten von 87 statt 50 Millionen Nutzern sollen missbraucht worden sein. EU und Bundesregierung erhöhen den Druck auf den Konzern.

Der Facebook-Datenskandal um Cambridge Analytica weitet sich dramatisch aus. Die Daten von bis zu 87 Millionen Nutzern könnten auf unrechtmäßige Weise an die britsche Analyse-Firma gelangt sein. Bislang war von rund 50 Millionen die Rede. In Deutschland sind möglicherweise bis zu 310 000 Nutzer betroffen, teilte das Online-Netzwerk mit. Die EU-Kommission kündigte gestern Gespräche mit dem US-Konzern für die kommenden Tage an. Auch die Bundesregierung erhöhte den Druck. „Es ist an der Zeit für eine deutliche Reaktion der europäischen Staaten“, sagte Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD).

Sie erinnerte daran, dass Facebook ihr bei einem Treffen in der vergangenen Woche zugesagt habe, die betroffenen Nutzer in Deutschland zu informieren: „Ich erwarte, dass das Unternehmen diesem Versprechen umgehend und gewissenhaft nachkommt.“

In der Affäre geht es auch um die Frage, welche Rolle die Daten im US-Wahlkampf des damaligen Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump spielten. Mit etwa 70,6 Millionen stammen die weitaus meisten potenziell betroffenen Nutzer aus den USA. Cambridge Analytica half unter anderem, gezielt Werbung bei Facebook zugunsten von Trump zu platzieren. Cambridge Analytica betont aber, sie habe die Facebook-Datensätze nicht im Wahlkampf eingesetzt.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg muss nächsten Mittwoch im US-Kongress zu dem Skandal Rede und Antwort stehen. Kurz vor dem für ihn unbequemen Auftritt gab er sich in einer Telefonkonferenz mit Journalisten erneut selbstkritisch. Facebook habe nicht genug unternommen, um seine Nutzer zu schützen. „Das war unser Fehler, das war mein Fehler.“ Er räumte auch ein, es sei falsch gewesen, nach der US-Wahl den möglichen Einfluss gefälschter Nachrichten bei Facebook auf den Wahlausgang herunterzuspielen.

Der EU reicht es nicht, was der Konzern bislang im Zuge des Skandals angestoßen hat. Die EU-Kommission will in den nächsten Tagen „auf höchster Ebene“ mit Facebook Gespräche führen. EU-Justizkommissarin Vera Jourová schrieb auf Twitter, das wachsende Ausmaß des Falls sei „sehr besorgniserregend“. Facebook müsse mehr tun.

„Facebook ist ein Netzwerk der Intransparenz“, klagte auch Ministerin Barley. Erneut verlangte sie, dass Facebook gegenüber EU-Behörden die Funktionsweise seiner Algorithmen offenlegt. Darüber wolle sie bei einem zweiten Treffen mit Facebook-Vertretern sprechen. Ein Termin steht noch nicht fest.

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