„Eine Wunderwaffe wird stumpf“

Als Alexander Fleming Anfang des 20. Jahrhunderts das Penizillin entdeckte, war dies ein medizinischer Durchbruch. Antibiotika gehören seitdem zu den wichtigsten Medikamenten überhaupt. Da sie heute aber bei jedem Wehwehchen helfen sollen, entwickeln Bakterien immer häufiger Resistenzen gegen die Wirkstoffe. Davor warnt die DAK-Gesundheit in ihrem ersten Antibiotika-Report. Die dpa beantwortet grundlegende Fragen.

Gegen was helfen Antibiotika?

Grundsätzlich gilt: Antibiotika helfen nur bei Infektionen, die durch Bakterien hervorgerufen werden. Gegen Erkrankungen, die von einem Virus verursacht werden, sind Antibiotika wirkungslos. Gerade Erkältungen sind also nichts für eine Antibiotika-Behandlung, weil in 90 Prozent aller Fälle Viren dahinterstecken. Nur wenn eine Erkältung von einem bakteriellen Befall begleitet wird, sind sie gerechtfertigt. Dies merkt man zum Beispiel an grün-gelbem Auswurf.

Wie reagieren Bakterien auf häufige Antibiotika-Einnahme?

Immer wieder gelingt es Bakterien, sich vor den für sie giftigen Substanzen der Antibiotika zu schützen - sie entwickeln Resistenzen. Durch zu häufigen Antibiotika-Einsatz verschärft sich dieses Resistenzproblem, die Behandlung wird massiv erschwert. Gerade Breitband-Antibiotika, die der Arzt gerne verschreibt, wenn er nicht genau weiß, welcher Erreger für die Erkrankung verantwortlich ist, scheinen resistente Keime zu begünstigen. Zudem ist ein Teil der Resistenzproblematik auf den hohen Einsatz von Antibiotika bei Nutztieren - und damit in Lebensmitteln - zurückzuführen. Ausgerechnet in Krankenhäusern sind resistente Keime ein besonderes Problem, vor allem für immunschwache Patienten und Frühchen. Laut Bundesgesundheitsministerium infizieren sich jährlich zwischen 400 000 und 600 000 Menschen in Kliniken. 7500 bis 15 000 Patienten sterben daran.

Wie kann man gegen diese Entwicklung angehen?

Entscheidend ist die Aufklärung, die in erster Linie vom Arzt eingefordert wird. Es sollte Leitlinien von Ärzten für Ärzte geben. Das Wissen über die Einsatzgebiete ist wichtig. Häufig verschreiben Ärzte laut DAK Antibiotika nur, weil sie vom Patienten verlangt werden - wohl wissend, dass das Medikament nur beruhigende, keine heilende Wirkung haben kann. Damit vor allem bei Erkältungen signifikant weniger Antibiotika verordnet werden, müsse sich die Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten verbessern. Zudem sind neue Wirkstoffe zwingend nötig, um Krankheiten mit hoher bakterieller Resistenz besser begegnen zu können. "Es wird viel zu wenig geforscht", so die DAK. Antibiotika seien vergleichsweise günstig, so dass sich die Entwicklung neuer Stoffe für die Pharmaindustrie nicht lohne.

Was ist bei einer Antibiotikabehandlung zu befolgen?

Zunächst sollte der Arzt informiert werden, ob ein Patient auch noch andere Medikamente einnimmt. Denn diese können die Wirkung stören. Auch beeinträchtigt Kalzium die Wirkung mancher Antibiotika. Milch, Käse, Joghurt oder Milchkaffee sollten nur zwei Stunden vor und nach der Einnahme dieser Antibiotika genossen werden. Antibiotika können Nebenwirkungen wie Übelkeit oder starke Reaktionen auf Sonnenlicht hervorrufen. Damit diese Mittel aber wirken, ist Therapietreue entscheidend. Eigenständiges Beenden der Einnahme oder die Verminderung der Dosis sollten Patienten dringend vermeiden. Antibiotika dürfen auch nicht aufbewahrt und später eingenommen werden. Sie sollen im Müll entsorgt werden, auf keinen Fall im Abwasser.

Wie oft verschreiben Ärzte im Saarland Antibiotika?

Die Ärzte im Saarland behandeln ihre Patienten deutschlandweit mit den meisten Antibiotika. Im Jahr 2013 stellten sie allein den Versicherten der Techniker Krankenkasse (TK) Rezepte über 407 000 Tagesdosen aus, wie die Kasse vor kurzem mitteilte. Das entspreche durchschnittlich 5,8 Tagesdosen je Versichertem im Saarland und sei bundesweit der höchste Wert. Auch die Rheinland-Pfälzer erhielten mit 5,6 Tagesdosen relativ viele Antibiotika. Für die Berechnungen hatte die Krankenkasse die Arzneimittelverschreibungen ihrer erwachsenen Versicherten aus dem Jahr 2013 ausgewertet.

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