Eine Königsfamilie erobert die Herzen

Amsterdam · Kronprinz Willem-Alexander rückt in zwei Wochen an die Spitze des niederländischen Königshauses. In einem Interview erklärte der 45-Jährige jetzt, die Monarchie zu modernisieren und sich volksnah geben zu wollen.

Nach 50 Minuten war aus "Prinz Pilsje" der neue niederländische König geworden. Willem-Alexander und seine Frau Maxima, das künftige Königspaar, haben ein Kunststück geschafft: Sie zogen mit nur einem TV-Gespräch auch diejenigen auf ihre Seite, die die Monarchie zumindest beschneiden, wenn nicht gar abschaffen wollen. Sogar ihnen ist der künftige König aus dem Haus Oranje entgegengekommen.

Mittwochabend, 20.30 Uhr: Zur besten Sendezeit spricht das künftige niederländische Staatsoberhaupt davon, dass sich "die Monarchie mit der Gesellschaft verändern" werde. Bisher gehört der König laut Gesetz der Regierung an. Es gibt Bestrebungen, dies zu ändern. "Ich werde alles akzeptieren, solange es ein demokratischer Prozess ist und die Regeln der Verfassung befolgt werden", sagt Willem-Alexander, der in wenigen Tagen 46 Jahre alt wird. Sollte für diese Veränderungen "meine Unterschrift notwendig sein, werde ich unterschreiben. Damit habe ich überhaupt kein Problem." Und wenn er dann "nur noch Bändchen durchschneiden" müsse, sei das auch in Ordnung.

Dabei will er mehr. Die Monarchie des 21. Jahrhunderts müsse eine andere sein als vor 200 Jahren. Der König habe die Aufgabe, "die Menschen zu verbinden". Für die Niederlande, die sich als tief gespaltene Gesellschaft erleben, eine zentrale Botschaft. "Ich werde zuallererst ein traditioneller König sein, basierend auf der Tradition meiner Vorgänger, die für Kontinuität und Stabilität der Nation stehen", gab sich Willem-Alexander staatsmännisch. Und wenn man nach seiner Amtszeit über ihn sagen könne, er habe der jungen Generation etwas gegeben, dann sei er zufrieden. An das große Erbe seiner Mutter Beatrix werde es wohl nicht heranreichen. "Es ist sehr schwer, es ebenso gut oder besser zu machen als meine Mutter. Denn sie hat es in den 33 Jahren ihrer Regentschaft sehr gut gemacht."

Neben so vielen staatstragenden Äußerungen ging an diesem Abend die Frau fast unter, von der viele Niederländer sagen, ihre Wahl zur Ehefrau sei die beste Entscheidung im Leben des bisherigen Thronfolgers gewesen. Prinzessin Maxima (41) nahm sich zurück. Die gebürtige Argentinierin hat ihre Rolle an der Seite des Königs angenommen. Und sie bleibt trotzdem, das zeigten gestrige Umfragen, das beliebteste Mitglied der Königsfamilie. "Jeder nennt mich Maxima. Ob Königin oder Prinzessin, das ist egal. Es geht um das, wofür wir stehen, nicht um den Titel", sagte sie. Und auch ihr Mann bekannte offen: "Ich bin kein Protokollfetischist". Warum er sich nicht "König Willem IV" nennen wolle, wird er gefragt. "Ich habe 46 Jahre mit dem Namen Willem-Alexander gelebt. Das soll so bleiben." Und dann setzt er schlagfertig hinzu: "Willem IV steht auf der Weide neben Berta 38."

Keine Angst vor Tränen

Die drei Töchter sollen auch weiterhin ein normales Leben führen. S elbst Thronfolgerin Amalia (9) solle mindestens bis zum 18. Geburtstag von königlichen Verpflichtungen ferngehalten werden. "Natürlich haben wir mit ihr gesprochen, sie weiß, dass sie als nächste dran ist", gibt Maxima lächelnd zu. Daraufhin habe sie ihren Vater gefragt, wie lange er denn König bleiben wolle. "Dann kann sie das schon mal in ihrem Kalender ankreuzen", meint Willem-Alexander herzhaft-lachend.

So viel menschliche Normalität ihrer Monarchen ist neu für die Niederländer. Einblicke ins Private hätte Beatrix nie zugelassen. Nun ist sogar Kritik erlaubt. Beispielsweise an der königlichen Apanage von 850 000 Euro im Jahr. Seine Familie bemühe sich, die Ausgaben gering zu halten, lautet die Antwort. "Aber ich versuche den Menschen auch immer wieder zu sagen, dass sie Verständnis dafür haben müssen, dass ein Königshaus etwas kostet."

Selbst Tränen halten die beiden nicht zurück. Als der Kronprinz auf seinen verunglückten Bruder Friso angesprochen wird, der immer noch im Koma liegt - und als Maxima den Beschluss, ihren Vater nicht zur Krönung einzuladen, verteidigt. "Es ist gut so", kommentiert sie die Entscheidung "der ganzen Familie". Wegen seiner Vergangenheit in der argentinischen Militär-Diktatur hatte die Regierung in Den Haag es abgelehnt, ihn ins Land zu lassen.

"Die Niederlande haben ein Paar erlebt, dem man die Würde und die Aufgaben eines Königshauses zutrauen kann. Und dass man sich als Monarch wünscht", kommentiert gestern eine große niederländische Zeitungen. Ein besseres Zeugnis hätten sich Willem-Alexander und Maxima vor der Amtsübergabe nicht wünschen können.

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Am RandeEine Million Menschen erwartet Amsterdam, wenn am 30. April die erste Krönung in Europa seit über 20 Jahren stattfindet. Nachdem Beatrix I. morgens ihre Abdankungsurkunde unterschrieben hat, wird ihr Sohn Willem-Alexander mittags in der Nieuwe Kerk im Beisein von 2000 Gästen zum König gekrönt. Danach stehen ein Zug durch die Stadt und eine Bootsfahrt an. Rund elf Millionen Euro kostet die Feier.dr

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