Erste Dialyse Eine Erfindung, die heute 80 000 Deutschen das Leben rettet

Berlin · Vor 75 Jahren reinigte die erste Dialyse-Maschine das Blut einer Nierenkranken. Zuvor hatten Patienten kaum Überlebenschancen. Inzwischen profitieren Millionen.

 Die Blutwäsche – im Bild eine Patientin an einem Dialyse-Gerät in einer Klinik – verhilft Millionen Menschen zu einem längeren Leben.

Die Blutwäsche – im Bild eine Patientin an einem Dialyse-Gerät in einer Klinik – verhilft Millionen Menschen zu einem längeren Leben.

Foto: dpa/Arno Burgi

Die erste künstliche Niere sah aus wie eine hölzerne Wäschetrommel. Doch die Erfindung des Dialyse-Verfahrens vor 75 Jahren war die Grundlage dafür, dass Millionen Nierenkranke länger leben können. Die Technik der künstlichen Niere geht vor allem auf den niederländischen Arzt Willem Johan Kolff zurück. Vor ihm hatte sich aber schon der deutsche Mediziner Georg Haas mit Blutwäsche beschäftigt. Am 4. April 1943 setzte er das erste Mal seine künstliche Niere ein. Zwei Jahre später konnte er einer Patientin damit das Leben retten. Dann emigrierte er in die USA und verbesserte seine Methode.

Ohne Dialyse würden die meisten Betroffenen noch heute keine vier Wochen überleben, betont Andreas Kribben, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie. Denn die Nieren entgiften den Körper. Einige Fakten zum Dialyse-Jubiläum:

Patienten: Insgesamt bekommen in Deutschland heute 60 000 bis 80 000 Menschen regelmäßig eine Dialyse. Mehr als die Hälfte von ihnen ist über 65 Jahre alt. Denn in der Bundesrepublik ist eine chronische Nierenkrankheit in mehr als der Hälfte aller Fälle eine Folge von Diabetes oder von jahrelang schlecht eingestelltem Bluthochdruck. Weltweit leben rund zwei Millionen Menschen mit Nierenersatzverfahren. Das sind aber nur zehn Prozent aller Menschen, die Hilfe benötigen würden. In vielen Entwicklungsländern bedeutet eine schwere Nierenerkrankung bis heute den baldigen Tod.

Technischer Fortschritt: Bis in die 1970er Jahre waren bis zu zwölf Stunden am Stück an der Dialyse üblich. Patienten litten während dieser Behandlung oft an Übelkeit, Erbrechen, Krämpfen und Kreislaufproblemen. Denn es war damals notwendig, dem Körper viel Blut für die Reinigung zu entziehen. Heute wird dazu viel weniger Blut benötigt. Der Entgiftungsprozess dauert in der Regel vier Stunden und muss bei den meisten Patienten dreimal pro Woche wiederholt werden.

Verfahren: Wenn die Nieren ausfallen, gibt es zwei Wege für eine künstliche Blutreinigung. Bei der Hämodialyse wird das Blut in eine Maschine geleitet und fließt entgiftet in den Körper zurück. Bei der Peritonealdialyse wird das eigene Bauchfell zur Entgiftung genutzt. Der Patient füllt mehrmals täglich eine Dialysierflüssigkeit über einen Katheter in den Bauchraum und lässt sie wieder ab. Das geht selbständig und flexibel, er muss dazu nicht ins Dialysezentrum.

Wirkung: Vielen Menschen ermöglicht die Dialyse das Überleben, sogar über Jahrzehnte. Allerdings sterben Patienten im Vergleich zu Gleichaltrigen mit normaler Nierenfunktion häufig früher. Ursache sind etwa Veränderungen der Gefäßwände. Außerdem führt der derzeitige Mangel an Spendernieren dazu, dass für Dialysepatienten die Chance auf eine gleichwertige Lebenserwartung und -qualität sinkt. Denn die Sterblichkeit von Nierenkranken mit Spenderorgan ist statistisch deutlich geringer als die von Dialysepatienten.

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