Ein Urteil, viele Proteste - keine Lösung?"Wir werden unsere Tradition fortführen"

Saarbrücken. "Ein Schock" sei das Kölner Beschneidungsurteil für die Juden im Saarland gewesen, sagt Richard Bermann, Vorsitzender der Synagogengemeinde Saar. Die Entscheidung sei ein "fundamentaler Eingriff in die Religionsfreiheit und die Erziehung"

Saarbrücken. "Ein Schock" sei das Kölner Beschneidungsurteil für die Juden im Saarland gewesen, sagt Richard Bermann, Vorsitzender der Synagogengemeinde Saar. Die Entscheidung sei ein "fundamentaler Eingriff in die Religionsfreiheit und die Erziehung". Zudem schüre sie antisemitische Ressentiments, sagt Bermann: "In letzter Zeit musste ich mir Aussagen anhören wie 'Was macht ihr Juden da mit den armen Kindern? Das ist doch das Gleiche wie die Beschneidung von Frauen in Afrika.' Was für ein Unsinn!" Bei den Frauen handele es sich um eine Genitalverstümmelung, beim jüdischen Brauch werde nur ein millimetergroßes Stück Vorhaut von erfahrenen Beschneidern entfernt. "Wir werden unsere Tradition fortführen - bei unseren französischen Nachbarn, wo Beschneidung nicht unter Strafe gestellt ist."Die Ärztekammer des Saarlandes empfiehlt den Ärzten hierzulande, derzeit keine Beschneidungen aus religiösen Gründen mehr vorzunehmen. "Die Rechtslage nach dem Kölner Urteil ist unklar", antwortet Vizepräsident Harry Derouet auf SZ-Anfrage. Derouet sieht jetzt das Problem, "dass Beschneidungen in weniger professioneller Umgebung und unter schlechteren medizinischen Bedingungen durchgeführt werden". Deshalb hofft die Ärztekammer "auf eine klare Regelung in naher Zukunft - entweder durch eine höchstrichterliche Entscheidung oder durch den Gesetzgeber". gha

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"Sollte das Urteil Bestand haben, sehe ich für die Juden in Deutschland keine Zukunft."

Pinchas Goldschmidt, Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner

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