„Ein Traum wären natürlich Palästina und Israel“

Seit 50 Jahren steht die Abkürzung DFJW für gelebte deutsch-französische Freundschaft. Künftig will das Jugendwerk andere Länder von seinen Erfahrungen profitieren lassen, sagt DFJW-Generalsekretärin Béatrice Angrand.

Frau Angrand, französische Jugendliche lernen in der Schule viel lieber Englisch und Spanisch als Deutsch. Hat das Jugendwerk Fehler gemacht?

Angrand: Ich glaube, der Fehler ist zu glauben, dass wir für die Sprachförderung zuständig sind. Das DFJW ist zuständig für den Jugendaustausch, aber für die Sprache sind die Länder zuständig. Wir sind an deren Seite, aber wir können die Politik nur unterstützen. Wenn man zum Beispiel schaut, welche Vorurteile junge Franzosen den Deutschen gegenüber haben, kann man viele Fortschritte feststellen, viel mehr als im Spracherwerb.

Welche Vorurteile halten sich denn über die Deutschen?

Angrand: Zum Beispiel, dass sie sehr viel arbeiten. Deswegen ist es gut, wenn Franzosen einen Schulaustausch machen. Vor Ort merken sie dann, dass die Schule viel früher aufhört als zu Hause. So etwas stellt Vorurteile infrage. Andere Vorurteile sind "Es ist gar nicht lustig dort" oder "Es regnet immer". Worüber ich mich freue ist, dass die Vorurteile, die mit dem Zweiten Weltkrieg verbunden sind, nur noch ab und zu auftauchen. Ich glaube, das ist definitiv vorbei, dass die jungen Franzosen den Deutschen mit einem Nazi verbinden.

Viele Lehrer sagen, es sei schwieriger geworden, französische Jugendliche für Deutschland zu begeistern und andersherum. Teilen sie die Erfahrung?

Angrand: Was wir feststellen ist, dass wir so viel Nachfrage haben wie nie. Das heißt aber nicht, dass es einfacher geworden ist. Uns liegt es am Herzen, Programme und Projekte anzubieten, die mit einer gewissen Qualität verbunden sind. Wir fördern keinen Tourismus oder machen keine Entdeckungsreisen.

Warum ist es wichtig, dass es das DFJW noch weitere 50 Jahre gibt?

Angrand: Ich glaube, das DFJW hat Instrumente entwickelt, die den interkulturellen Dialog zwischen den Generationen ermöglichen. Das DFJW kann diese jetzt weitergeben, vielleicht an andere Länder, die sich annähern wollen. Ein Traum wären natürlich Palästina und Israel, aber vielleicht auch die beiden Koreas oder die Balkanländer. Ich glaube zudem, der Frieden ist nie endgültig erreicht. Es ist etwas, das man neuen Generationen wieder erklären muss. Heute gibt es keine militärische Gefahr, aber die soziale Situation ist so angespannt in Europa, dass vielleicht ein sozialer Bruch kommen könnte.

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