Ein Hoch auf die gute Nachbarschaft

Berlin. Ziemlich dröge liest sich heute, was Konrad Adenauer und Charles de Gaulles am 22. Januar 1963 im Elysée-Palast zu Paris vereinbarten: Wie oft sich Minister und Beamte künftig treffen sollten, stand da, welche Kommissionen die Zusammenarbeit zu koordinieren hätten, und dass man den Unterricht in der jeweils anderen Sprache fördern wolle

 Mit diesem Logo werden die offiziellen Veranstaltungen im Jubiläumsjahr des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags gekennzeichnet. Grafik: Auswärtiges Amt

Mit diesem Logo werden die offiziellen Veranstaltungen im Jubiläumsjahr des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags gekennzeichnet. Grafik: Auswärtiges Amt

Berlin. Ziemlich dröge liest sich heute, was Konrad Adenauer und Charles de Gaulles am 22. Januar 1963 im Elysée-Palast zu Paris vereinbarten: Wie oft sich Minister und Beamte künftig treffen sollten, stand da, welche Kommissionen die Zusammenarbeit zu koordinieren hätten, und dass man den Unterricht in der jeweils anderen Sprache fördern wolle. Doch beendete dieser Vertrag 18 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg eine Ära nachbarschaftlicher Feindseligkeiten und öffnete das Tor zur Einigung Europas. Am Dienstag wird in Berlin der 50. Jahrestag des Elysée-Vertrages mit einer pompösen Feier begangen.

Das komplette französische Parlament, die Assemblée Nationale, kommt in die deutsche Hauptstadt. Der Reichstag wird ab heute dazu aufwändig umgebaut, denn etwa 1000 Abgeordnete beider Nationen müssen in ihm Platz finden. Präsident François Hollande und Kanzlerin Angela Merkel werden Regierungserklärungen abgeben, über die dann debattiert werden soll - mit Simultanübersetzung.

Allerdings dürfte die Aussprache kaum kontrovers sein. Denn zum Abschluss soll eine gemeinsame Resolution verabschiedet werden, die jetzt schon formuliert ist. Ein Appell an die Jugend Europas, "das Vermächtnis der deutsch-französischen Freundschaft zu bewahren, zu pflegen und fortzuentwickeln", heißt es im Entwurf. Alle Fraktionen haben bereits Zustimmung signalisiert, so dass der Text "per Akklamation", also durch Beifallsbekundung, beschlossen werden wird. Anschließend wird man gemeinsam die Nationalhymnen schmettern: die deutsche und die französische.

Natürlich treffen auch die beiden Regierungen vorher im Kanzleramt zusammen und ebenso die zweiten Kammern, der deutsche Bundesrat und der französische Senat. Es ist wirklich eine Begegnung der ganzen politischen Elite Frankreichs mit der ganzen politischen Elite Deutschlands, was für die Berliner zur Folge haben wird, dass die ganze Gegend um den Reichstag gesperrt sein wird. Am Abend sollen die Festivitäten dann in der Philharmonie mit einem Konzert und einem von Bundespräsident Joachim Gauck gegebenen Empfang ausklingen: Der Tag ist Höhepunkt eines deutsch-französischen Jubeljahres.

Ausschließlich harmonisch ist das Verhältnis freilich nicht, wie gestern bei einer Debatte im Bundestag deutlich wurde. Da ist zum einen das Euro-Thema. Europa müsse seine Schuldenkrise überwinden, so schmerzhaft das auch für einige sei, meinte der Vorsitzende der deutsch-französischen Parlamentariergruppe, Andreas Schockenhoff (CDU). Außerdem müsse die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik weiterentwickelt werden. Der SPD-Europapolitiker Günter Gloser sorgte sich um die abnehmende Neigung in beiden Ländern, die Sprache des anderen zu lernen. Und Staatsminister Michael Link vom Auswärtigen Amt fand, , dass die Zusammenarbeit der Landkreise und Départements noch "deutlich besser" werden müsse.

Das Auswärtige Amt stellt dieser Tage übrigens eine in beiden Ländern durchgeführte Umfrage vor. Demnach verbinden die Franzosen mit Deutschland die Begriffe Merkel, Bier, Berlin, Autos, Strenge, Nationalsozialismus und Mauerfall. Den Deutschen denken beim Nachbarn an Paris, Eiffelturm, Rotwein, Baguette und französisches Essen. Offensichtlich ist auf beiden Seiten noch Raum für vertiefende Beziehungen.

Hintergrund

Am 22. Januar jährt sich zum 50. Mal die Unterzeichnung des Elysée-Vertrags, der die Grundlage für eine neue, partnerschaftliche Beziehung zwischen Frankreich und Deutschland bildete. Der Vertragsabschluss von 1963 ist Anlass für eine ganze Reihe von Veranstaltungen auf beiden Seiten der Grenze, das Saarland feiert ihn mit einem "Frankreich-Jahr". Die unterschiedlichen Facetten der deutsch-französischen Beziehungen - von der politischen Geschichte bis zu persönlichen Bekenntnissen, von offiziellen Terminen bis zu alltäglichen Beobachtungen - will die Saarbrücker Zeitung dieses Jahr in einer losen Folge von Artikeln abbilden.

Wir beteiligen uns damit auch an einem Gemeinschaftsprojekt von Medien und Nachrichtenagenturen aus beiden Ländern: Geschichte und Geschichten sollen auf einer Internet-Plattform das farbige Gemälde der gelebten deutsch-französischen Freundschaft entstehen lassen. ika

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