"Die Uhr der Diktatur läuft ab"

Herr Koschyk, haben Sie nach dem Tod des Diktators Kim Jong Il jetzt etwas Hoffnung auf einen Wandel in Nordkorea?Koschyk: Nach allem, was man bisher hört, ist der Sohn Kim Jong Un alles andere als ein Reformeiferer. Kim Jong Il hat außerdem noch zu Lebzeiten seine Schwester zur Generalin befördert und in die Machthierarchie fest integriert

Herr Koschyk, haben Sie nach dem Tod des Diktators Kim Jong Il jetzt etwas Hoffnung auf einen Wandel in Nordkorea?Koschyk: Nach allem, was man bisher hört, ist der Sohn Kim Jong Un alles andere als ein Reformeiferer. Kim Jong Il hat außerdem noch zu Lebzeiten seine Schwester zur Generalin befördert und in die Machthierarchie fest integriert. Ob es aber gelingen wird, auf Dauer den Machtanspruch der Familie Kim aufrechtzuerhalten, dahinter kann man durchaus Fragezeichen setzen.

Woran machen Sie das fest?

Koschyk: Wenn man mit Flüchtlingen aus Nordkorea spricht, dann hört man, dass die Autorität Kim Jong Ils nicht mehr die war, die sein Vater Kim Il Sung genossen hat. Unter ihm ging es den Menschen weitaus besser als es ihnen heute geht. Außerdem glaube ich nicht, dass der neue Machthaber je in die Fußstapfen seines Großvaters treten kann oder die schon gesunkene Autorität seines Vaters zurückgewinnen wird. Bei allem, was man weiß, kann man bei Kim Jong Un auch nicht von einer eigenständigen Persönlichkeit ausgehen.

Aber das Land wirkt wie einbetoniert.

Koschyk: Nordkorea ist in der Tat ein einzigartiges Land. Weil es kein andere Nation gibt, die auf den ersten Blick so abgeschottet ist. Der Stacheldraht um das Land hat aber bereits Lücken. Vor allem über die Grenze zu China gelingt es Nordkoreaner, das Land zu verlassen. Es gibt ein Stück offene Grenze, worüber auch Informationen aus der freien Welt nach Nordkorea gelangen. Wir haben in den letzten 20 Jahren den Niedergang von sehr vielen als festgefügt geltenden Diktaturen erlebt. Ich glaube, auch die Uhr der Diktatur in Nordkorea läuft ab.

Wie gefährlich ist die Situation jetzt für die Region?

Koschyk: Der neue Diktator sitzt noch nicht fest im Sattel. Insofern ist es für mich nicht überraschend, dass das Regime versucht, durch militärische und außenpolitische Kraftmeierei von der Schwäche des Übergangs abzulenken. Man kann nur hoffen, dass der junge Kim Jong Un bereits vom Militär akzeptiert ist, damit vom Übergang keine unmittelbaren Spannungen in der Region ausgehen.

Das Land ist in einem katastrophalen Zustand. Was halten Sie von der Trauer der Menschen?

Koschyk: Hinter den Bildern, die jetzt gezeigt werden, stecken vor allem propagandistische Absichten. In Wahrheit hält sich die Trauer der einfachen, koreanischen Menschen in Grenzen.Foto: CDU/CSU-Fraktion

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