„Die Spiele werden Berlin nichts kosten“

Berlin sollte sich wieder um Olympia bemühen. Warum, das erklärt der Hamburger Wirtschaftsprofessor und Ruder-Olympiasieger Wolfgang Maennig SZ-Redakteur Pascal Becher.

Herr Maennig, würden Sie als Ökonom Berlin raten, sich für Olympia 2024 zu bewerben?

Wolfgang Maennig: Ja, aber nicht in der Hoffnung, damit bessere Einkommen, mehr Jobs oder höhere Steuereinnahmen zu erzielen und damit die Stadt weiterentwickeln zu können - sondern um ein neues Gefühl von Zufriedenheit in der Stadt und in ganz Deutschland zu kreieren. Ähnlich wie bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Das würde Berlin einen Schub geben, der mehr Wert ist als kurzfristig sprudelnde Einnahmen.

Einen wirtschaftlichen Boom hat ja auch die WM nicht gebracht …

Maennig: Stimmt. Es gibt keinen seriösen Beleg dafür, dass Deutschland 2006 an der Fußball-Party verdient hat. Trotzdem werden sie niemanden finden, der sagt: Die WM war nichts. Vielmehr fühlt es sich bis heute richtig gut an - und das sollte es Berlin wert sein.

Was würden die Spiele kosten?

Maennig: Meiner Meinung nach braucht Berlin nur wenig Neues. Vielleicht ein olympisches Dorf. Das kann die Stadt problemlos über Investoren realisieren, die nach 2024 die Immobilien vermarkten dürfen. Ansonsten ist alles da. Die Hauptstadt ist seit 1936 mit allen wichtigen Stadien ausgestattet. Hinzugekommen sind seitdem unter anderem viele große Messehallen, die O2-Arena und die sogenannten Olympia-Hallen.

Aber das IOC hat seine Ansprüche: Alles muss gigantisch sein.

Maennig: Die olympische Familie orientiert sich aber gerade neu. Nicht zuletzt wegen der Proteste gegen Rio 2016 und der negativen Volksentscheide in München oder Graubünden hat sie verstanden, dass die Welt sich verändert hat. Wenn sie so weiter machen würde wie bisher, wird die Marke "Olympische Spiele " massiv beschädigt. Künftig wird es wieder so laufen, dass Länder Bewerbungen abgeben, die an ihre eigenen Bedürfnisse angepasst sind. Wenn sich daran auch Berlin halten wird, werden die Spiele die Stadt praktisch nichts kosten.

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