Rentenerhöhung zum 1. Juli Die Rente ist weiter in Hochform – aber wohl nicht mehr lange

Berlin · Zwar sind die Altersbezüge für Deutschlands Rentner in West und Ost zum 1. Juli erneut gestiegen. Doch die Perspektiven werden immer ungemütlicher.

 Läuft gut für Rentner: Die Bezüge steigen stetig. Weil es aber bald immer mehr Rentner und weniger Beitragszahler gibt, drohen Probleme.

Läuft gut für Rentner: Die Bezüge steigen stetig. Weil es aber bald immer mehr Rentner und weniger Beitragszahler gibt, drohen Probleme.

Foto: dpa/Matthias Hiekel

Die Bezüge der rund 21 Millionen Rentner in Deutschland sind mit Monatsbeginn spürbar gestiegen. Wie kam das, wer erhält jetzt wieviel und wie geht es weiter mit der Rente? Ein Überblick:

Wie stark steigen die Renten?

Im Westen um 3,22 Prozent, im Osten um 3,37. Eine monatliche Rente von 1000 Euro, die nur auf Westbeiträgen beruht, erhöht sich so um 32,20 Euro, eine gleich hohe Rente mit Ostbeiträgen um 33,70 Euro.

Wann kommt das Geld auf dem Konto an?

Wer seit April 2004 Rente erhält, bekommt den erhöhten Betrag nachschüssig, Ende Juli. Die anderen erhalten die Zahlung im Voraus, sie müsste Ende Juni eingegangen sein.

Warum steigen die Renten?

Die Erhöhung beruht nicht auf einer einmaligen Entscheidung etwa der Regierung, sondern auf einer bereits früher festgelegten Formel: Im Kern folgt sie der Lohnentwicklung. Dass die Rente derzeit in Hochform ist, liegt also an der guten Konjunktur. Aber auch die Beitragsentwicklung und das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentnern spielen hinein, so dass in den jährlichen Anpassungen künftig auch verstärkt das ungünstiger werdende Verhältnis von vielen Rentnern und weniger werdenden Beitragszahlern zu Buche schlagen wird. 2017 bekamen die Rentner im Osten 3,59 Prozent und im Westen 1,9 Prozent mehr.

Kommt die Erhöhung komplett an?

Nicht bei allen. Zehntausende werden wegen der höheren Renten zusätzlich steuerpflichtig. Das Finanzministerium hatte den Linken im Bundestag schon im Dezember geantwortet, dass 54 000 Rentner zusätzlich Einkommensteuer zahlen müssen. Das könnten noch etwas mehr werden. Der Staat kann mit 300 Millionen Euro zusätzlich rechnen. Demnach werden rund 4,4 Millionen Senioren steuerpflichtig sein – fast doppelt so viele wie 2005. Keine Steuern zahlen jene, deren steuerpflichtiger Anteil der Rente unter dem Grundfreibetrag liegt (aktuell 9000 Euro), zuzüglich Werbungskostenpauschale.

Wie wirkt sich die Erhöhung auf die Krankenkassenbeiträge aus?

Versicherungspflichtige Rentner müssen prozentuale Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung zahlen – mit der Rente steigen auch die Beiträge.

Werden auch Mütterrente und Erwerbsminderungsrente erhöht?

Ja. Die Rentenerhöhung umfasst alle gesetzlichen Renten inklusive Mütterrente, auch Erwerbsminderungs-, Witwen- oder Waisenrente.

Was ist mit den Rentnern im Osten?

Ihre Renten werden weiter ans Westniveau angeglichen. Wegen eines Gesetzes vom vergangenen Jahr wird die Rentenanpassung in den neuen Ländern erstmals anders berechnet. Der Rentenwert Ost steigt um 0,1 auf 95,8 Prozent. Der Rentenwert ist der Geldwert eines Entgeltpunkts, mit dem die Höhe der Rente errechnet wird. Bis 2024 steigt er schrittweise auf 100 Prozent – die Angleichung ist dann vollzogen. Die Aufwertung der Berechnungsgrundlage für die Ostrenten wird im Gegenzug abgeschmolzen: Die im Schnitt niedrigeren Einkommen werden für die Rente dann nicht mehr ausgeglichen.

Gibt es im Osten mehr Rentner?

Im Verhältnis ja. Wären die fünf neuen Länder ohne Berlin ein eigenständiger Staat, wäre dieser das Land mit den meisten über 65-Jährigen in der EU – mit einem Anteil von 24,6 Prozent (2015). In Deutschland insgesamt sind es 21 Prozent.

Wie hoch sind die Renten im Schnitt?

Die meisten Männer im Westen erhalten eine monatliche Altersrente zwischen 1250 und 1300 Euro, im Osten zwischen 1000 und 1100 Euro (2016). An westdeutsche Frauen werden am häufigsten Altersrenten zwischen 200 und 300 Euro gezahlt, an ostdeutsche zwischen 800 und 850 Euro. Nur knapp zwei Drittel aller Einkommen der Seniorenhaushalte stammen aber von der gesetzlichen Rente. 2015 kamen Ehepaare im Westen auf ein monatliches Nettoeinkommen von im Schnitt 2572 Euro, alleinstehende Männer auf 1593 und Frauen auf 1422 Euro. In den neuen Ländern verfügten Ehepaare über 2257 Euro, alleinstehende Männer über 1389 und Frauen über 1370 Euro.

Wie geht es bei der Rente weiter?

Die Rente gerät in der alternden Gesellschaft immer stärker unter Druck. In den kommenden Jahren geht die Generation der Babyboomer schrittweise in Rente. Die Regierung setzt auf Vorschläge einer Rentenkommission, die für März 2020 angekündigt sind. Sie will die Rente auskömmlich halten, ohne die jüngeren Beitrags- und Steuerzahler zu überfordern. Wichtig ist ihr, dass die Menschen auch privat oder betrieblich vorsorgen. Noch nicht vom Tisch ist eine Koppelung des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung. Zudem sind Verbesserungen für kleine Selbstständige geplant, für langjährig gering Verdienende und für gesundheitlich geschädigte Frührentner: All diese Gruppen sind – anders als das Gros der Rentner heute – besonders stark von Altersarmut bedroht.

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