Die Nato will Putin nicht weiter reizen

Brüssel · Die Nato ist besorgt, hält sich aber mit Forderungen zurück. Das Bündnis mahnt Russland und die Ukraine im aktuellen Konflikt lediglich zur Zurückhaltung.

Die Nato hält still. Als die 28 Verteidigungsminister gestern Morgen zum zweiten Tag ihrer Frühjahrstagung im Hauptquartier der Allianz zusammenkamen, lag die Meldung von der Stationierung russischer Jagdbomber an der Grenze zur Ukraine schon auf dem Tisch. "Es ist jetzt wichtig, dass die besonnenen Kräfte im Land gestärkt werden", sagte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen zurückhaltend. Intern hatte man sich darauf verständigt, dass lediglich Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen im Namen aller deutlichere Worte wählen durfte: "Ich fordere Russland auf, nichts zu tun, was die Spannungen verschärfen oder zu einem Missverständnis führen könnte", erklärte er. Am Nachmittag ließ man sich von Moskaus Verteidigungsminister Sergej Schoigu beruhigen, der darlegte, es handele sich lediglich um "Aktivitäten innerhalb eines geplanten Manövers". Normalerweise hätten zumindest die eingefleischten Moskau-Gegner heftig protestiert und eine Entschuldigung dafür verlangt, dass die Truppenbewegungen nicht - wie seit Jahren üblich - Wochen vorher angekündigt wurden. Doch die Nato schwieg. Niemand habe die "Niederlage" des russischen Präsidenten und das Scheitern seiner Ukraine-Pläne "zum Anlass für Triumph" genommen, hieß es. Lediglich US-Verteidigungsminister Chuck Hagel machte klar, dass Washington von "Russland Transparenz bei diesen Aktivitäten" erwarte. In vergleichbaren Situationen waren die USA auch schon sehr viel deutlicher geworden. "Wir wissen, dass Präsident Wladimir Putin von der Entwicklung in Kiew am Wochenende ebenso überrascht wurde wie wir", erklärte gestern ein hochrangiger Nato-Diplomat gegenüber unserer Zeitung. "Vor allem wissen wir, dass er sich blamiert fühlt und nun seine Stärke demonstrieren will." Die Zurückhaltung des Bündnisses sei deshalb ein "Signal des Verständnisses", das der Kreml-Herrscher "aber nicht missverstehen" dürfe. Führende Militärs bekräftigten gestern, die Nato habe "derzeit auch noch keine Antwort auf die Frage, was wir denn tun würden, wenn Russland unter dem Vorwand, Landsleute zu schützen, Truppen auf die Krim entsendet".

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