Die Koalition und der Handel zur Einwanderung

Berlin · Die SPD will Gespräche über weitere „sichere Herkunftsländer“ mit denen über ein Einwanderungsgesetz verknüpfen. Die Union reagiert skeptisch auf solch einen Deal, zeigt sich aber gesprächsbereit.

Seit Montag liegt das Angebot auf dem Tisch. Sollte die Union einem Einwanderungsgesetz zustimmen, sei man im Gegenzug bereit, weitere Länder zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, hatte SPD-Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel erklärt. Schließlich gebe es zwischen den Themen einen Zusammenhang. Aber ist die Union zu einem solchen Handel auch bereit?

Eine Reaktion aus der Merkel-Partei ließ auf sich warten. Jetzt äußert sich aber der stellvertretende Partei- und Fraktionschef Thomas Strobl. Es sei gut, "dass die SPD bereit ist, über die Einstufung weiterer Balkan-Staaten als sichere Herkunftsländer zu sprechen", so Strobl zur SZ. Aber: "Nicht gut ist, dass die SPD zwingend notwendige Änderungen des Asylrechts an Bedingungen knüpft und sich damit einer vernünftigen Asylpolitik verweigert."

Allerdings bewegt sich die Union ohnehin schon auf ein Einwanderungsgesetz zu, das die SPD seit Monaten fordert. Angestoßen hatte die neue Debatte Anfang des Jahres sogar CDU-Generalsekretär Peter Tauber selbst mit einem Plädoyer für ein Einwanderungsgesetz. Das Echo in der eigenen Truppe ist seitdem jedoch verhalten. Der zuständige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU ) erklärte den Vorstoß für überflüssig. Man habe bereits rechtlich alles geregelt, was zu regeln sei. Kanzlerin Angela Merkel wartete zunächst ab, wohin sich die Debatte so bewegt. Vor ein paar Wochen, bei der Feier des 70. CDU-Geburtstages, streute sie dann wie nebenbei in ihre Rede ein, das Wort Einwanderung höre die CDU ja nach wie vor nicht gerne, "aber das lernen wir auch noch". So könnte es wirklich kommen. Merkel soll grünes Licht für ein Einwanderungsgesetz gegeben haben. Und für den CDU-Parteitag im Dezember hat eine der drei "Zukunftskommissionen" die Forderung in ihren Abschlussbericht geschrieben. Das Gesetz soll die vielen zum Teil widersprüchlichen Bestimmungen zur Einwanderung bündeln.

Braucht es da überhaupt noch einen Deal mit der SPD ? Augenscheinlich ja. Erstens haben beide Koalitionspartner unterschiedliche Auffassungen über die Inhalte, zweitens will die Union auch den Kosovo, Montenegro und Albanien als sichere Herkunftsländer einstufen, weil sehr viele Asylsuchende von dort kommen. Angesichts einer großen Zahl aussichtloser Asylanträge hatte die Regierung bereits Anfang des Jahres die Länder Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sicher klassifiziert, um Menschen von dort schneller wieder zurückschicken zu können. Die SPD bezweifelt die Wirksamkeit einer Ausweitung der Staatenliste.

Die Union sei zu Gesprächen mit der SPD bereit, so Strobl. "Wir brauchen ein Maßnahmebündel, um die Herausforderungen der hohen Asylbewerberzahlen besser in den Griff zu bekommen." Niemand habe überdies je geglaubt, dass allein die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten das "Problem der Flüchtlingsbewegung" lösen könne. Allerdings handele es sich "um einen zentralen Baustein". Schäfer-Gümbel habe diesbezüglich "den Ernst der Lage nicht erkannt", sagte Strobl. Von einem Handel ist man also noch weit entfernt.

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