Nach dem SPD-Basisvotum Die Kanzlerin drängt zur Eile

Berlin/München · CDU und CSU haben ihre Minister benannt. Nur die SPD-Spitze brütet noch. Die Vorbereitungen für die Regierung laufen an.

Lange musste Angela Merkel (CDU) warten, bis der Weg frei war für ihre Wiederwahl. Jetzt will sich die Bundeskanzlerin möglichst rasch an die Arbeit machen.

Lange musste Angela Merkel (CDU) warten, bis der Weg frei war für ihre Wiederwahl. Jetzt will sich die Bundeskanzlerin möglichst rasch an die Arbeit machen.

Foto: dpa/Bernd Von Jutrczenka

Nach mehr als fünf Monaten ohne richtige Regierung liegt vieles brach in Deutschland. Deshalb drängt die Kanzlerin nach dem Ja der SPD-Mitglieder zur Koalition mit der Union zur Eile: „Es wird wichtig sein, dass wir schnell als Regierung auch mit dem Arbeiten beginnen“, sagte Angela Merkel am Rande des CDU-Präsidiums in Berlin. Sie soll am 14. März als Kanzlerin wiedergewählt werden. Gestern schlug Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sie offiziell für das Amt vor.

Es braucht rasch einen neuen Bundeshaushalt – 2017 lagen die Ausgaben des Bundes bei 329 Milliarden Euro, der größte Posten entfällt dabei wegen der Arbeitsmarkt- und Rentenausgaben mit rund 137 Milliarden auf das Arbeits- und Sozialministerium. Dann gilt es, Reformen in Europa anzustoßen. Dann noch die drohenden Handelsverwerfungen mit US-Präsident Donald Trump, der Europa mit Strafzöllen droht.

Immerhin ist zumindest jetzt auf Unions-Seite das Kabinett komplett – auch die CSU hat ihre Posten benannt. Die große Überraschung sind die Nominierungen nicht. CSU-Chef Horst Seehofer als Bundesinnenminister stand schon fest. Sein Gang zurück in die Hauptstadt in ein um Bauen und Heimat erweitertes Superministerium ist die spektakulärste Neuerung, mit der die Christsozialen in die Regierung einziehen. Bei der Vergabe der übrigen CSU-Posten stand Seehofer nicht unter Druck. Das hat mehrere Gründe: Für die CSU spielt die Musik im Landtagswahljahr 2018 in Bayern, und wegen der ausgehandelten Bundesministerien drängten sich keine großen Personalspekulationen auf. Zudem hat die CSU nach der Wahlpleite im Herbst ihren Machtkampf seit Dezember hinter sich: Seehofer tritt am 13. März als Ministerpräsident zurück und übergibt das Amt an Markus Söder.

Bei den beiden übrigen Posten vermeidet Seehofer Experimente: Mit Andreas Scheuer (43) befördert er seinen loyalen Generalsekretär zum Bundesverkehrsminister, ein für die CSU sehr prestigeträchtiges Ressort, viel Geld für den Straßenbau fließt in den Süden. Auch die erneute Berufung von Gerd Müller (62) zum Entwicklungsminister ist keine Überraschung, Seehofer lobt dessen „hervorragende Arbeit“ etwa im Zusammenhang mit der Zuwanderungspolitik. Für seinen Posten war mit Dorothee Bär (39) aber immer wieder auch eine deutlich jüngere Frau im Gespräch. Dass am Ende keiner der vier gehandelten Kandidaten leer ausgeht, ist einem Kunststück Seehofers zu verdanken, für das er im Vorstand viel Lob erfährt: Für Bär handelte er kurzerhand einen völlig neuen Posten aus: Staatsministerin für Digitales im Kanzleramt. Dies sei aber „kein Deal“ gewesen, sondern die Suche nach fachlicher Eignung.

Die SPD hat das komplizierte Personalpuzzle noch vor sich. Wie fragil alles ist, zeigte die seltsam anmutende Präsentation des Ergebnisses des Mitgliedervotums. Es wird beteuert, es habe am Sonntag keine Regieanweisung gegeben, dass die versammelten Mitglieder bei der Pressekonferenz das Ergebnis von 66 Prozent Zustimmung zur großen Koalition schweigend, ohne jeden Jubel verfolgen sollten. Und dazu dann der kommissarische SPD-Chef Olaf Scholz, der eher wirkte, als habe er einen Todesfall zu verkünden und nicht den Durchbruch für eine Regierung mit viel „Rot“.

Kein Triumphgefühl gegenüber den SPD-Mitgliedern, die gegen die Groko gestimmt haben, lautete die Devise. Aus Respekt vor der Basis und der Angst vor jedem Anschein von Postengeschachere soll das Tableau erst bis zum Wochenende vorliegen. Klar ist: Scholz wird Finanzminister und Vizekanzler. Sigmar Gabriel dürfte als Außenminister abgelöst werden. Neben Scholz sind Heiko Maas und Katarina Barley gesetzt – aber unklar, für welche Ressorts.

Es bleiben also noch drei freie Stellen. Offen ist, ob die SPD auch ein Signal für den Osten parat hält. Für die Ressorts Arbeit oder Familie könnte Franziska Giffey in Frage kommen, die resolute Bürgermeisterin von Berlin-Neukölln – sie wird am Donnerstag zum Weltfrauentag gemeinsam mit der designierten Parteichefin Andrea Nahles auf einem Podium sitzen.

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