Umwelt Kunststoff-Industrie soll sich um Plastikmüll kümmern

Brüssel · Die EU fordert die Branche auf, bis Ende September Vorschläge zur Reduzierung von Abfällen einzureichen. Ziel sind höhere Recycling-Quoten.

 Leichtverpackungen und Gelbe Säcke auf einer Deponie in Hannover: In Deutschland werden Kunststoffabfälle entweder recycelt oder in Müllverbrennungsanlagen verheizt und zur Energiegewinnung genutzt.

Leichtverpackungen und Gelbe Säcke auf einer Deponie in Hannover: In Deutschland werden Kunststoffabfälle entweder recycelt oder in Müllverbrennungsanlagen verheizt und zur Energiegewinnung genutzt.

Foto: Julian Stratenschulte/dpa/Julian Stratenschulte

Plastik ist nicht nur ein Problem, wenn es unkontrolliert in die Natur oder ins Meer gelangt. Kunststoffe, die zu einem hohen Prozentsatz aus Rohöl bestehen, sind auch eine wertvolle Ressource: Jedes Jahr kostet die Entsorgung von Plastikmaterial, das nach einer sehr kurzen Verwendung im Müll landet, in der EU bis zu 150 Milliarden Euro. Auch hier gibt es also einen Schatz zu heben.

EU-Umweltkommissar Karmenu Vella verlangt jetzt von der europäischen Kunststoff-Industrie, dass sie mehr gegen den Plastikmüll tut. Die Branche, die 2015 rund 340 Milliarden Euro Umsatz gemacht hat und 1,5 Millionen Beschäftigte hatte, soll bis Ende September Vorschläge vorlegen, wie mehr Plastikabfälle recycelt werden können. Derzeit werden in der EU knapp 60 Millionen Tonnen Kunststoffe im Jahr produziert. 26 Millionen Tonnen Kunststoff werden jedes Jahr weggeworfen. Aber nur etwa vier Millionen Tonnen werden dann auch tatsächlich recycelt. Die Kommission will im Rahmen ihrer Plastik-Strategie erreichen, dass bis 2025 etwa zehn Millionen Tonnen jedes Jahr recycelt werden.

Bei der Plastik-Entsorgung gibt es ein massives Nord-Süd-Gefälle. In neun Ländern, darunter Deutschland, Österreich, Schweiz und die skandinavischen Staaten, gibt es seit Jahren ein Deponie-Verbot für Hausmüll. In diesen Ländern wird nahezu der gesamte Plastikabfall von Verbrauchern in irgendeiner Weise genutzt. Das heißt: Die Kunststoff­abfälle werden entweder recycelt oder in der Müllverbrennungsanlage verheizt. Wenn die Müllverbrennungsanlage zur Energiegewinnung genutzt wird, gilt das Verbrennen als zweitbeste Lösung der Plastikentsorgung. Da Plastik einen hohen Rohölanteil hat, wird der Rohstoff dann immerhin als Brennstoff genutzt.

In vielen südeuropäischen Ländern dagegen landet der Plastikmüll häufig in der Umwelt. In Malta, Zypern, Griechenland, Kroatien oder Bulgarien werden weniger als 30 Prozent der Verbraucher-Plastikabfälle recycelt oder in der Müllverbrennungsanlage verheizt. In diesen Ländern gibt es vielfach kein Deponieverbot. Die Umsetzung der Abfallstrategie ist keine EU-Kompetenz, sondern liegt in den Händen der Mitgliedstaaten. Gerade in Südeuropa ist offenbar vielfach Praxis, dass die Kommunen zwar für die Abholung der Abfälle sorgen, es aber an der fachgerechten Entsorgung hapert. Die Verbraucher werden zwar zur Kasse gebeten.

In Deutschland wurden 2016 38,6 Prozent der Plastikabfälle aus privaten Haushalten recycelt. Damit ist die Recyclingquote hierzulande deutlich höher als im EU-Schnitt. Spitzenreiter beim Plastik-Recycling sind Norwegen (43,1 Prozent) und Schweden (40,6). In Deutschland wurden 60,6 Prozent der Plastikabfälle in Müllverbrennungsanlagen entsorgt, also wenigstens zur Energiegewinnung eingesetzt. Beim Verpackungsmüll aus Plastik erzielt Deutschland europaweit nach Tschechien mit 48,7 Prozent die zweithöchste Quote. Beim Recycling können Kunststoffverpackungen wie Pet-Flaschen geschreddert und zu neuen Plastikprodukten wie Tragetaschen oder Kleidungsstücke weiterverarbeitet werden.

Es wird damit gerechnet, dass die Kunststoff-Industrie der Kommission in Kürze Vorschläge zur Reduzierung der Plastikmüllberge unterbreiten wird. Es geht auch darum, einer Regulierung durch die EU zuvorzukommen. Die Bestandteile können  wieder in die Produktionsprozesse in Chemiewerken eingespeist werden. Offenbar arbeitet auch die BASF an einem Vorschlag.

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