Die emotionalen Wunden sind noch nicht verheilt

Bagdad/Istanbul. Die Einwohner des kleinen Emirates Kuwait sind in Feierlaune. Mit einem großen Fest begehen sie heute den 20. Jahrestag des Beginns der Operation "Wüstensturm", die am 28. Februar 1991 mit der Befreiung ihres Landes und der Niederlage der irakischen Invasoren endete

Bagdad/Istanbul. Die Einwohner des kleinen Emirates Kuwait sind in Feierlaune. Mit einem großen Fest begehen sie heute den 20. Jahrestag des Beginns der Operation "Wüstensturm", die am 28. Februar 1991 mit der Befreiung ihres Landes und der Niederlage der irakischen Invasoren endete. Die Erinnerung an die Besetzung ihres Landes durch irakische Truppen im August 1990 und die sieben Monate, in denen die Iraker in Kuwait teilweise wie Barbaren wüteten, ist für die Einwohner der Öl-Monarchie bis heute kaum verblasst.Bis heute gibt es allerdings auch unterschwellige Animositäten zwischen denjenigen Kuwaitern, die damals geflohen waren, und denjenigen, die im Lande ausharrten. Die Flüchtlinge verfolgten den Kriegsverlauf von europäischen Luxushotels aus bequem im Fernsehen. Die Kuwaiter, die das Land nicht verlassen wollten oder konnten, wurden von den Irakern dagegen monatelang drangsaliert.

Die emotionalen Wunden sind bis heute nicht verheilt. Erst im vergangenen Dezember machte sich eine Delegation aus Kuwait auf, um in einem Massengrab in der südirakischen Provinz Dhi Kar nach den sterblichen Überresten von Kuwaitern zu suchen, die während des Krieges verschwunden waren.

Zwar entpuppte sich die Geschichte von den irakischen Soldaten, die Babys aus den Brutkästen warfen, im Nachhinein als Propagandalüge. Dass es damals in Kuwait zu Vergewaltigungen, Folter, willkürlichen Exekutionen und Raub kam, bestreiten jedoch auch irakische Soldaten nicht, die an dem Feldzug teilgenommen haben.

Dieser Rückfall in die Barbarei ist jedoch nur einer von vielen Gründen, weshalb man im Irak heute an diesen Krieg nicht mehr denken will, der zu den schwärzesten Kapiteln der Ära von Präsident Saddam Hussein gehört. Ein weiterer Grund ist die Tatsache, dass die von den USA angeführte Allianz aus 34 Staaten, die sich für die Befreiung Kuwaits formiert hatte, die irakischen Soldaten schneller aus dem Golfstaat vertrieben hatte, als diese weglaufen konnten.

Im August 1990 war die irakische Armee mehr oder weniger aus heiterem Himmel beim kleinen Nachbarn einmarschiert. Nach fünfmonatigen fruchtlosen diplomatischen Bemühungen der Vereinten Nationen um einen Abzug der Iraker begann in der Nacht zum 17. Januar das massive Bombardement durch die Alliierten. Saddam antwortete, indem er Scud-Raketen auf Israel und Saudi-Arabien abfeuern ließ. Die irakische Armee war angesichts der militärischen Übermacht ihrer Gegner ohne jede Chance. Als die US-Truppen am 24. Februar ihre Bodenoffensive begannen, waren viele von Saddams Soldaten schon so demoralisiert, dass sie ihre Waffen niederlegten. Wenige Tage später war Kuwait frei.

Die Alliierten drangen bis auf irakisches Territorium vor. US-Präsident George Bush Senior schreckte aber damals vor einer Entmachtung Saddams mit militärischen Mitteln zurück. Zwar rief er die Iraker auf, den Diktator zu stürzen. Doch als es im März zu einer Rebellion der Schiiten im Süden und später auch der Kurden im Norden kam, sahen die Amerikaner und die anderen Alliierten mehr oder wenige tatenlos zu. Die vorwiegend sunnitischen Anhänger Saddams massakrierten die Aufständischen.

Wie viele Menschen im Irak zwischen Januar und April 1991 von den alliierten Soldaten oder der irakischen Armee getötet wurden, weiß bis heute niemand genau. Fest steht nur, dass die meisten Massengräber im Irak aus dem Jahr 1991 stammen. Die Leichen wurden nach der US-Invasion von 2003 unter Präsident George W. Bush ausgegraben und auf Friedhöfen bestattet.

Heute haben sich die Beziehungen zwischen Irak und Kuwait halbwegs normalisiert, sie sind aber nicht sonderlich herzlich.

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