Brexit-Vertragsentwurf Die Angst vor dem hartem Ausstieg

Brüssel · Die Zeit drängt – und nicht einmal die abgehakten Punkte sind wirklich geklärt.

Bei den Brexit-Verhandlungen rennt die Zeit davon. Deshalb hat EU-Chefunterhändler Michel Barnier gestern einen ersten Vertragsentwurf vorgelegt. Dabei zeigt sich: Nicht einmal die bereits abgehakten Punkte sind wirklich geklärt. Die Gefahr eines harten Ausstiegs Großbritanniens aus der EU wird damit immer größer.

„Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen wir uns beeilen“, mahnte der Leiter der EU-Delegation für die Brexit-Gespräche gestern. Am 30. März 2019 sei Großbritannien nicht mehr Mitglied der Gemeinschaft – so oder so. Da die Vereinbarungen bis dahin auch noch vom Europäischen Parlament, einer qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten sowie dem britischen Unterhaus und der Londoner Regierung ratifiziert werden müssen, laufe die Zeit ab. „Das ist ein Schlüsselmoment“, sagte Barnier, als er in Brüssel den Entwurf eines Ausstiegsvertrages präsentierte, der seit dem gestrigen Nachmittag mit den 27 Mitgliedstaaten der Union besprochen wird. Doch die 168 Artikel auf 120 Seiten sind lediglich ein europäischer Vorschlag, die bisherigen Absprachen juristisch korrekt festzuklopfen, aber kein gemeinsames Papier mit den Briten. Davon kann keine Rede sein. Barnier: „Es gibt signifikante Meinungsverschiedenheiten.“ Brüssel schaue mit Spannung auf die für Freitag angekündigte Rede der britischen Premierminister Theresa May, die so etwas wie ein Gegenpapier aus London werden könnte. In der kommenden Woche wollen beide Parteien durchgehend verhandeln. Der Teufel steckt im Detail.

So hat die Regierung Ihrer Majestät zwar inzwischen den auf der Insel lebenden EU-Bürgern den Erhalt ihrer Rechte als Bürger der Gemeinschaft zugebilligt. Davon sollen allerdings jene ausgenommen werden, die zwischen März 2019 und Dezember 2020 noch ins Land kommen – also in der vereinbarten Übergangsphase, in der europäische Regeln zwar auch für Großbritannien gelten und beachtet werden müssen, obwohl London sie nicht mehr mitbestimmen kann. Das ist die Londoner Sicht. In Brüssel will man solche Einschnitte nicht zulassen. Er werde nicht provozieren und London auch „nicht reizen“, wehrte Barnier gestern Fragen ab, ob die EU mit ihrem Vertragsentwurf die Briten nun regelrecht erpressen wolle.

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