Deutsche Sprache, schwere Sprache?

Berlin. Mitten in der Eurokrise auch noch das: Der Bundestag versteht die Europäische Union nicht mehr, weil immer mehr EU-Vorlagen schlecht oder gar nicht ins Deutsche übersetzt sind. Die Empörung bei den Abgeordneten ist groß. Sie fürchten um ihre Beteiligungsrechte

Berlin. Mitten in der Eurokrise auch noch das: Der Bundestag versteht die Europäische Union nicht mehr, weil immer mehr EU-Vorlagen schlecht oder gar nicht ins Deutsche übersetzt sind. Die Empörung bei den Abgeordneten ist groß. Sie fürchten um ihre Beteiligungsrechte.Deutsche Sprache, schwere Sprache? Für den Vorsitzenden des Europaausschusses des Bundestages, Gunther Krichbaum (CDU), ist es zum Haare raufen: "Schon vor Jahren hatte uns die EU-Kommission eine neue Übersetzungsstrategie versprochen. Doch passiert ist bis heute leider gar nichts." Dem Vernehmen nach sind in dieser Legislaturperiode inzwischen über 100 EU-Vorlagen gleich wieder nach Brüssel zurückgeschickt worden, weil die zuständigen Ausschüsse sie wegen fehlender oder unzureichender Übersetzung nicht beraten konnten. "Es werden immer mehr", beklagt auch FDP-Mann Stefan Ruppert. Von dem Problem besonders betroffen sind der Innen-, der Finanz-, der Haushalts-, der Wirtschafts- und der Verteidigungsausschuss des Bundestages. Aber auch die anderen Gremien des Parlaments würden in den EU-Vorlagen inzwischen eher ein "Beratungshindernis" sehen, heißt es.

Verbesserung ist nicht in Sicht. Weil jetzt 27 Staaten EU-Mitglied geworden sind, sind auch viel mehr Übersetzungen von Verordnungen, Richtlinien oder anderen Dokumenten erforderlich. Brüssel kommt dem Bedarf nicht mehr nach, Deutsch fällt da häufiger denn je hinten rüber. Das will Krichbaum nicht akzeptieren. "32 Prozent der Europäer sprechen Deutsch als Mutter- oder Fremdsprache. Wir wollen keine Besserstellung gegenüber anderen Sprachen, sondern nur eine Gleichstellung mit Englisch und Französisch", so Krichbaum. Auf Antrag der Koalitionsfraktionen wird sich der Bundestag noch an diesem Donnerstag mit dem Problem beschäftigen.

Union und FDP beklagen überdies, dass zunehmend auch Dokumente betroffen sind, die wichtig seien für die Krisenbewältigung in der Eurozone. Sie würden zum Teil gar nicht übersetzt. Da Brüssel immer wieder auf fehlende Finanzmittel verweist, soll die Bundesregierung nach dem Willen der Koalitionsfraktionen jetzt bei den anstehenden Verhandlungen über den neuen EU-Finanzrahmen auf bessere Wiedergaben pochen und dafür sorgen, dass durch Umschichtungen genügend Mittel im europäischen Haushalt bereitgestellt werden.

Aber warum übernimmt der Bundestag das Dolmetschen nicht selbst? Das ist bei vielen Dokumenten nicht möglich, weil die Übersetzung durch Brüssel autorisiert sein muss. Gleichwohl läuft auch dabei einiges schief. Häufig haben die Parlamentarier festgestellt, dass selbst in autorisierten Fassungen nicht alles korrekt ist - da unterschied sich plötzlich die französische deutlich von der deutschen Version.

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