Journalistin Tolu Deutsche aus Türkei-Haft entlassen

Istanbul · Türkei wirft Journalistin Tolu „Terrorpropaganda“ vor. Sie darf das Land nicht verlassen.

Nach mehr als sieben Monaten kommt die in der Türkei inhaftierte deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu unter Auflagen frei. Wie ihre Anwälte gestern erklärten, müsse die 33-Jährige sich aber wöchentlich bei den Behörden melden und dürfe das Land nicht verlassen. Noch am Tag sollte Tolu das Istanbuler Frauengefängnis Bakirköy verlassen dürfen. Dort war sie seit ihrer Festnahme in ihrer Wohnung Ende April zeitweise sogar zusammen mit ihrem kleinen Sohn eingesperrt. Der Prozess gegen sie wird am 26. April fortgesetzt.

Tolu war in der Türkei als Journalistin und Übersetzerin für die linksgerichtete Nachrichtenagentur ETHA tätig. Sie muss sich wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und „Terrorpropaganda“ verantworten. Die Neu-Ulmerin wird beschuldigt, der in der Türkei verbotenen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei anzugehören. Bei einer Verurteilung drohen ihr 15 Jahre Haft. Bereits zum Auftakt ihres Prozesses im Oktober hatte sie die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete Tolus Freilassung als „eine einerseits gute Nachricht“. Andererseits dürfe Tolu das Land nicht verlassen, und auch der Prozess werde weitergeführt. Deshalb sei es „keine komplett gute Nachricht“. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte: „Ich glaube, wir alle in Deutschland – und auch ich persönlich – freuen uns mit Mesale Tolu über die Entscheidung des Gerichts.“ Damit sei das Verfahren gegen sie zwar noch nicht beendet, „aber ein erster, großer Schritt ist damit gemacht“.

Aktuell befinden sich noch acht Deutsche „unter haarsträubenden Vorwürfen in türkischer Haft“, sagte das Außenministerium. Prominentester Fall ist der „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel. Er sitzt seit über 300 Tagen im Gefängnis – ohne Anklage. Zudem dürfen 28 Deutsche wie Tolu das Land derzeit nicht verlassen.

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