Parlamentarische Versammlung Politisches Tuning für den deutsch-französischen Motor

Paris · Mit hehren Zielen geht die grenzüberschreitende Parlamentarische Versammlung in Paris an den Start. Erste Reibungspunkte sind allerdings auch dabei.

Die Assemblée National ist üppig beflaggt. Doch an diesem Tag gilt diese Ehre nicht den Mitgliedern der neu gegründeten deutsch-französischen Parlamentarischen Versammlung, die am gestrigen Montag zum ersten Mal in Paris tagt. Über den Köpfen der 100 Abgeordneten aus dem Deutschen Bundestag und der französischen Nationalversammlung weht die Flagge Chinas. Dessen Präsident Xi Jinping weilt zur selben Zeit in der französischen Metropole, was manchen Teilnehmern der Sitzung wie eine Mahnung scheint. Immer wieder wird im Verlauf des ersten Treffens darauf hingewiesen, dass nur ein geeintes Europa im Wettbewerb mit dem schier übermächtigen Peking ein Wörtchen mitreden kann.

Natürlich vergisst keiner der Abgeordneten an diesem von vielen als historisch bezeichneten Tag, das Friedensprojekt Europäische Union zu würdigen. Doch die Sorge der Politiker aus Frankreich und Deutschland gilt in diesen turbulenten Zeiten des Umbruchs eher der Zukunft, die es mit Augenmaß gegen allerlei Widerstände zu gestalten gelte. Neben den wirtschaftlichen Herausforderungen wird vor allem eine europäische Klimapolitik genannt, auch mehr Zusammenarbeit bei der grenzüberschreitenden Energieversorgung und die digitale Vernetzung seien wesentliche Schwerpunkte.

Die deutsch-französische Parlamentarische Versammlung soll wie eine Art Tuning auf den zuletzt immer wieder ins Stottern geratenen deutsch-französischen Motor wirken. Ziel ist es – auf Basis des im Januar neu besiegelten Freundschaftsvertrags von Aachen –, grenzüberschreitende politische Projekte anzustoßen und reibungsloser umzusetzen. Von dieser besseren bilateralen Zusammenarbeit soll schließlich ganz Europa profitieren.

„Skeptikern sei gesagt: Die neue Versammlung wird die Souveränität beider Staaten weder beeinträchtigen noch abschaffen“, versichert Wolfgang Schäuble (CDU). Der Bundestagspräsident hat, zusammen mit dem Präsidenten der Nationalversammlung Richard Ferrand, das neue deutsch-französische Parlamentsabkommen in Paris feierlich unterzeichnet. Das Gremium, das sich aus je 50 Abgeordneten aus Deutschland und Frankreich zusammensetzt, soll künftig mindestens zweimal pro Jahr abwechselnd in beiden Ländern tagen. Einzelne Arbeitsgruppen würden sich zu verschiedenen Themengebieten allerdings häufiger treffen, unterstreicht der Bundestagsabgeordneten Andreas Jung (CDU), der in Paris zum Vorsitzenden der deutschen Parlamentariergruppe gewählt worden ist. Die Kompetenzen des neuen Mini-Parlaments sind laut dem Abkommen allerdings beschränkt: bindende Beschlüsse kann es nicht fassen.

Reibungspunkte zwischen Paris und Berlin werden schon in der ersten Sitzung deutlich. Ein Abgeordneter der französischen Republikaner, der konservativen Schwesterpartei der Union, übt scharfe Kritik an der Forderung von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, den Sitz des Europaparlaments in Straßburg aufzugeben. Es sei die „Pflicht“ der französischen Abgeordneten, sicherzustellen, dass dies nicht geschehe, sagt Patrick Hetzel unter dem Beifall seiner Landsleute.

Dass Meinungsverschiedenheiten allerdings keine Frage von Staatsgrenzen sind, macht ein kurzer Disput innerhalb der deutschen Parlamentariergruppe deutlich. Nachdem der AfD-Abgeordnete Norbert Kleinwächter in einem Rundumschlag gegen die EU und das „sogenannte Europäische Parlament“ polemisiert hat, antwortet ihm der FDP-Abgeordnete Michael-Georg Link: Kleinwächter und andere Anhänger des Nationalstaats erweckten den Eindruck, „als ob wir noch 1919 wären und nicht 2019“.

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