Neue BKA-Zahlen Deutlich weniger Angriffe auf Flüchtlingsheime

Berlin/Saarbrücken · Trotz eines erheblichen Rückgangs der Zahlen bleiben Attacken auf Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland Alltag.

Die Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsheime ist in diesem Jahr deutlich zurückgegangen. Das Bundeskriminalamt (BKA) zählte bis zum 18. Dezember 264 entsprechende Straftaten. Damit ist die Anschlagszahl auf rund ein Viertel der Vorjahre gefallen. In den Jahren starken Flüchtlingsandrangs 2015 und 2016 waren es jeweils rund 1000 Taten, teilte das BKA am Freitag mit.

Zu den registrierten Delikten zählen Propaganda-Taten wie Schmierereien (84), Sachbeschädigungen (65) und Gewalt (39). In 16 Fällen von Gewaltdelikten versuchten die Täter Flüchtlingsheime in Brand zu stecken. Zweimal kam es zu Explosionen, jeweils an Neujahr: in Kraichtal in Baden-Württemberg und in Altusried in Bayern. In Altusried ließen die Täter einen nicht frei verkäuflichen Böller in einem Standaschenbecher vor dem Heim hochgehen. Der Eingangsbereich wurde demoliert; verletzt wurde niemand.

Ein Hauptgrund für den Rückgang der Delikte dürfte die Entwicklung des Flüchtlingszustroms sein: Inzwischen schaffen es weit weniger Menschen in die EU und nach Deutschland. Viele Notunterkünfte konnten deshalb geschlossen werden. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) nannte das Ausmaß an Fremdenfeindlichkeit dennoch „beschämend für unser Land“. Die Täter müssten konsequent zur Rechenschaft gezogen werden.

Die Linke-Politikerin Petra Pau hält den Rückgang der Gewalt gegen Flüchtlingsunterkünfte für erfreulich, verweist aber auf eine Zunahme von Angriffen auf Asylbewerber außerhalb der Heime. In den ersten drei Monaten seien 318 Menschen angegriffen und 54 verletzt worden. Im dritten Quartal seien es schon 425 Angriffe und 76 Verletzte gewesen. „Das sagt etwas über die gesellschaftliche Stimmung aus. Übergriffe auf Flüchtlinge oder vermeintliche Flüchtlinge haben etwas mit Veränderungen des Klimas zu tun“, sagte Pau. Dazu habe der Wahlkampf mit Flüchtlingsthemen beigetragen.

Unterdessen schlägt Vizekanzler Sigmar Gabriel vor, Kommunen, die Flüchtlinge aufnehmen, mehr Geld zu geben. „Wir müssen die Städte und Gemeinden dafür belohnen“, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Sie sollten nicht nur die Kosten der Integration vom Bund ersetzt bekommen. Den gleichen Betrag sollten sie noch einmal zusätzlich erhalten, um ihn für ihre Bürger einzusetzen. Deutschlands Kommunen dürften nicht vor der Entscheidung stehen, ob sie Flüchtlinge integrierten oder ihr Schwimmbad sanierten, betonte der Außenminister.

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