Poker um die Barriere Trumps Mauer und die Grenze der Macht

Washington · Der US-Präsident ruft den nationalen Notstand aus, um seine politische Niederlage zu kaschieren.

 Mitglieder der US-Armee sichern den Grenzzaun zu Mexiko in Höhe von Nogales, Arizona, zusätzlich mit Stacheldraht.

Mitglieder der US-Armee sichern den Grenzzaun zu Mexiko in Höhe von Nogales, Arizona, zusätzlich mit Stacheldraht.

Foto: AP/Jonathan Clark

Donald Trump redet im Rosengarten des Weißen Hauses. Im Kern sagt er dasselbe, was er bereits nach Neujahr gesagt hat, in einer Fernsehansprache zur besten Sendezeit. Wie schon damals zeichnet er die Lage an der Grenze zu Mexiko in düsteren Farben. „Wir reden von einer Invasion“, sagt er. „Wir reden von Drogen, Menschenschmugglern, allen möglichen Kriminellen und Banden.“ Dann ruft er den nationalen Notstand aus.

Es ist ein extremer Schritt, aber auch der Versuch, eine Niederlage im Ringen mit seinen parlamentarischen Widersachern zu kaschieren. Trump hat ein Pokerspiel verloren. Beim Thema Mauer haben ihm die Demokraten, die nunmehr im Abgeordnetenhaus den Ton angeben, die Grenzen seiner Macht aufgezeigt. Dass er den Kürzeren zog, zeigen die Konturen eines Kompromisses, auf den sich Vertreter beider Parteien im Kongress einigten, um die Regierungsarbeit bis September zu finanzieren und einen drohenden Shutdown abzuwenden, den zweiten innerhalb von zwei Monaten.

Demnach wird die Legislative nur 1,4 Milliarden Dollar für den Bau von Sperranlagen an der mexikanischen Grenze bewilligen. Das ist deutlich weniger als die 5,7 Milliarden, die der Präsident noch im Dezember gefordert hatte. Damals wollte er seine Gegenspieler zum Einlenken zwingen, indem er einen Shutdown provozierte, die Lähmung wichtiger Ministerien und Behörden, die 800 000 Staatsbedienstete 35 Tage lang um ihren Lohn brachte. Nach drei Wochen zäher Verhandlung, um den nächste Shutdown abzuwenden, steht er in der entscheidenden Frage mit leeren Händen da.

Von einer Betonmauer ist in dem Haushaltspaket keine Rede mehr, lediglich von physischen Barrieren. Auf knapp 90 Kilometern Länge sollen neue beziehungsweise stabilere Zäune errichtet werden, hauptsächlich im Tal des Rio Grande, in Texas. In dem Punkt hat sich die Opposition eindeutig durchgesetzt, zumal die fürs Zäune-Aufstellen geplante Summe nur marginal über dem Betrag liegt, den sie Trump zu Beginn des Tauziehens zugestehen wollte. Um wiederum die Konservativen das Gesicht wahren zu lassen, sollen die Patrouillen der Border Patrol um 1200 Beamte aufgestockt werden. An den Grenzübergangsstellen, wo Drogenschmuggler das Gros ihrer Ware getarnt in Lastwagen und Pkws ins Land bringen, soll die Durchleuchtungstechnik verbessert werden. Neue Flugzeuge werden angeschafft, neue Radargeräte installiert, um das Terrain zu überwachen.

Auch um am Ende doch noch als Sieger dazustehen, ruft Trump den Notstand aus. Damit fährt er einen Umweg, um die Mauer auch ohne Zustimmung des Parlaments bauen zu können. Nur stehen seine dramatischen Worte im Widerspruch zur tatsächlichen Lage. An der Grenze steigt die Zahl illegaler Einwanderer zwar wieder an, nachdem sie in den Monaten nach Trumps Amtsantritt stark gesunken war. Von den Rekordwerten zu Beginn der Nullerjahre indes ist sie noch weit entfernt. „Es gibt keinen Notstand. Die Panikmache des Präsidenten bedeutet noch lange nicht, dass wir es mit einem Notstand zu tun haben“, protestiert Nancy Pelosi, die Vorsitzende des Repräsentantenhauses. Im Übrigen wolle Trump nur davon ablenken, dass er das Kernversprechen seines Wahlkampfs gebrochen habe. Das Versprechen, dass Mexiko für den Mauerbau zahle. Man werde den Notstand umgehend anfechten, kündigt Jerrold Nadler an, ein Parteifreund Pelosis, der den Justizausschuss der Abgeordnetenkammer leitet. „Dieser krasse Machtmissbrauch kann nicht toleriert werden.“

Im politischen System der USA ist es allein die Legislative, die über die Staatsausgaben entscheidet. Der Chef der Exekutive kann versuchen, sie von Fall zu Fall zu überzeugen. Er kann darum bitten, Etatposten aus zwingendem Grund umzuschichten. Er kann werben, Druck ausüben, Konsequenzen ausmalen. Lässt ihn der Kongress abblitzen, bleibt ihm jedoch nach den Regeln der Gewaltenteilung nichts anderes übrig, als sich damit abzufinden. Dass Trump den Notstand ausruft, um bewährte Kontrollmechanismen auszuhebeln, lässt eine Nancy Pelosi auf die Barrikaden gehen. Der Kongress, betont sie, werde verteidigen, was ihm die Verfassung an Befugnissen zuteile. Ob die Demokraten juristische Schritte folgen lassen – und wenn ja, welche – bleibt vorläufig offen. Eine Klagewelle dürfte aber in jedem Fall auf die Regierung zurollen. Landbesitzer in Texas könnten materiellen Schaden geltend machen, der ihnen durch zusätzliche Barrieren entsteht.

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