Umfrage-Tief Der mühsame Sommer des Monsieur Macron

Paris · Die Popularität des französischen Präsidenten ist nach zwei Monaten im Amt abgestürzt. In Umfragen wird ihm autoritäre Staatsführung vorgeworfen.

Selfie mit den Touristen, Spaziergang am Strand, Bootsfahrt mit der Lebensgefährtin: So sahen die Fotos aus, die François Hollande vor fünf Jahren im Sommerurlaub zeigten. Von Emmanuel Macron wird es solche Bilder nicht geben. Der Nachfolger Hollandes will nicht denselben Fehler machen wie sein politischer Ziehvater und gleich zu Beginn seiner Amtszeit den Eindruck erwecken, dass er sich nicht um sein Land kümmert. Hollande bezahlte damals mit einem Popularitätsverlust, den er nicht wieder aufholen konnte. Doch auch Macron hat nach nicht einmal drei Monaten im Amt viel an Zustimmung verloren – und das ohne bunte Urlaubsfotos. Laut einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ifop büßte der 39-Jährige innerhalb von vier Wochen zehn Prozentpunkte ein. „Die Flitterwochen zwischen dem Präsidenten und den Franzosen scheinen schon zu Ende zu sein“, schrieb die Zeitung „Figaro“ gestern.

Von 64 Prozent Zustimmung fiel der Staatschef auf 54 Prozent zurück und verzeichnete damit das deutlichste Minus seit Jacques Chirac 1995. Entscheidend zur Erosion trug Macrons offen ausgetragener Streit mit Generalstabschef Pierre de Villiers bei, der sich über Kürzungen im Verteidigungsbudget beschwerte. Der Präsident rief den Offizier in einer Rede vor anderen Armeemitgliedern mit den Worten zur Ordnung: „Ich bin Ihr Chef.“ Dem beliebten Villiers blieb nach der öffentlichen Erniedrigung nichts mehr übrig, als zurückzutreten. „Autoritarismus“ ist einer der Vorwürfe, die die Befragten Macron nun machen.

„Andere Befragte kritisieren lautstark eine Präsidentschaft, die nur auf PR gegründet ist“, sagte der Meinungsforscher Jérôme Fourquet der Zeitung „Journal du Dimanche“. Nach dem Vorbild Barack Obamas will Macron sich vor allem selbst in Szene setzen. Bilder des Staatschefs im Pilotenanzug oder im Rollstuhl beim Tennisspielen werden von dessen Sprechern schnell in die sozialen Netzwerke gestellt. Beim G-20-Gipfel in Hamburg verbreitete das Team des Präsidenten das Video eines Stadtbummels auf Facebook, ohne dass die Journalisten vor Ort von dem Termin in Kenntnis gesetzt wurden. Eine Strategie, die kritische Fragen verhindern soll. Deshalb strich der Elysée auch das traditionelle Fernsehinterview zum Nationalfeiertag am 14. Juli, in dem seit den 70er Jahren jeder Präsident einmal im Jahr Rede und Antwort steht.

 Nach Hollande, dem Präsidenten zum Anfassen, hatte Macron eine entrückte Präsidentschaft angekündigt. Nach Art des Göttervaters Jupiter wollte er im Elysée thronen und sich nur selten zu Wort melden. Eine Ausnahme war seine Rede Anfang Juli vor beiden Parlamentskammern, die zum Kongress im Schloss Versailles zusammengekommen waren. Die Inszenierung im Dekor des Sonnenkönigs konnte allerdings nicht davon ablenken, dass die Ansprache inhaltlich leer war. Auf eine Erklärung, was der Präsident konkret in den kommenden Monaten plant, warten die Franzosen immer noch.

Sein Regierungschef Edouard Philippe ging zwar in die Details, wurde aber hinterher vom Staatschef prompt korrigiert. Die Abschaffung der Wohnungssteuer, die Philippe vage bis zum Ende der Amtszeit angekündigt hatte, soll nun doch wie von Macron im Wahlkampf versprochen schrittweise ab 1. Januar gelten. Bei den Franzosen erweckte das Hin und Her den Eindruck, dass die Regierung nicht genau weiß, wohin sie das Land führen will. Macron selbst musste vor dem Senat einräumen, dass er den Gemeinden für den Steuerausfall bei der Wohnungssteuer zwar eine Entschädigung bieten will, aber auch noch nicht genau weiß, woher das Geld kommen soll.

„Der Absturz in den Umfragen ist normal, denn wir kommen zu den harten Maßnahmen“, sagte der Macron nahestehende Senator François Patriat in der Zeitung „Le Monde“. „Wenn die Ergebnisse sich einstellen, wird es auch wieder aufwärts gehen.“ Im Herbst will der Präsident per Verordnung seine Reform des Arbeitsrechts umsetzen. Denn auch wenn er es nicht sagt: Macron weiß, dass er am Rückgang der Arbeitslosigkeit gemessen wird. Hollande war daran gescheitert und sein Nachfolger will, dass ihm diese Mammutaufgabe gelingt.

Macron konzentrierte sich bisher zudem vor allem auf internationale Auftritte: Er empfing seinen US-Amtskollegen Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin. Gestern wurde der U2-Sänger Bono erwartet, der eine Entwicklungshilfeorganisation vertritt. Morgen ist dann die R&B-Sängerin Rihanna im Élysée an der Reihe. Sie ist Botschafterin für die Organisation Global Partnership for Education.

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