Wahlsieg Der Donald Trump von Prag

Prag · Die ANO-Partei von Populist Andrej Babis entscheidet die Parlamentswahl klar für sich. Der Milliardär ist gegen einen Euro-Beitritt Tschechiens.

 Er bedient die Wut der Abgehängten: der tschechische Wahlsieger Andrej Babis.

Er bedient die Wut der Abgehängten: der tschechische Wahlsieger Andrej Babis.

Foto: dpa/Vít Šimánek

() Das „Ja“ wird bei Andrej Babis groß geschrieben – zumindest im Namens-Kürzel seiner Partei ANO, die klarer Sieger der tschechischen Parlamentswahl ist. „Ano“ bedeutet auf Tschechisch „Ja“. Doch eigentlich steht die Abkürzung für Aktion unzufriedener Bürger – und somit eher für Nein. Kopf der Bewegung ist der 63-jährige Milliardär. Und der sagt zu vielem „zádný“ (Nein): zu Flüchtlingen, zum Euro und mehr.

Sein Programm ist vor allem eins: Babis selbst. Das wird schon in dem vom Magazin „Forbes“ verliehenen Spitznamen „tschechischer Trump“ deutlich, der zum einen von seinem immensen Vermögen herrührt. „Forbes“ schätzt es auf rund 3,5 Milliarden Euro. Damit ist der zweitreichste Mann Tschechiens sogar reicher als US-Präsident Donald Trump mit umgerechnet 2,6 Milliarden Euro Vermögen. Zum anderen bedient Babis wie das US-Original gezielt die Wut derer, die sich gesellschaftlich abgehängt sehen. Immer wieder hämmerte er den Wählern vor dem Urnengang am vergangenen Freitag und Samstag ein, dass es um alles gehe. „Jetzt oder nie“ sei die Gelegenheit, die Korruption loszuwerden, sie müssten ihn nur zum Regierungschef wählen. Dass er selbst des Subventionsbetrugs beschuldigt wird, scheint ihn dabei nicht zu stören. Dem Unternehmer und Ex-Finanzminister wird unter anderem vorgeworfen, unrechtmäßig EU-Fördermittel in Höhe von zwei Millionen Euro bezogen zu haben. Wegen des Verdachts verlor Babis sein Amt als Finanzminister und seine parlamentarische Immunität. Der Ex-Chef des Chemie- und Medienkonzerns Agrofert bestreitet die Vorwürfe. Die Wähler schienen davon unbeeindruckt, seine ANO-Partei kam auf fast 30 Prozent. In seiner Siegesrede bezeichnete er sich als „pro-europäisch“. Einen „Czexit“ – in Anlehnung an den Brexit – will Babis ausdrücklich nicht. Die Unzufriedenheit heizt er dennoch gezielt an. Die EU habe eine „Denkpause“ nötig. Zuvor kündigte er an, mit ihm werde es keinen Euro-Beitritt Tschechiens geben. Er werde für eine „faire“ EU sorgen, in der „niemand Mitglied zweiter Klasse“ sei. Babis’ Rhetorik erinnert an migrationskritische Töne aus Ländern wie Polen und Ungarn.

Tschechiens Wirtschaft hat sich zuletzt gut entwickelt. Die Arbeitslosenquote liegt bei nur 3,8 Prozent und das Wirtschaftswachstum dürfte auf 3,1 Prozent in diesem Jahr klettern. Vor allem die Autoindustrie und Exporte in die EU tragen dazu bei. Keiner schlägt daraus so Kapital wie Babis, der sich wie Trump als Macher geriert.

Babis wurde 1954 in Bratislava, der Hauptstadt der heutigen Slowakei, geboren. Schon als Jugendlicher sei er diszipliniert gewesen, sagt er über sich selbst. „Ich arbeite, seit ich 15 war, habe Milch ausgeliefert, Pakete ausgetragen, auf dem Bau gearbeitet.“ Zur Grundschule ging Babis in Paris und auf die weiterführende Schule in Genf, bevor er einen Wirtschaftsabschluss an der Universität machte.

Der ehemalige Tennis- und Volleyballspieler hat vier Kinder: Zwei mit seiner 20 Jahre jüngeren zweiten Frau Monika, zwei weitere mit seiner Ex-Frau. „Ich bin ein reicher Mann. Ich habe fast alle meine Träume verwirklicht. Ich habe Milliarden mit ehrlicher Arbeit verdient.“

Dennoch droht ihm neues Ungemach: Der Oberste Gerichtshof der Slowakei kippte vergangene Woche Gerichtsurteile, die keine Hinweise auf eine Zusammenarbeit von Babis vor 1989 mit der kommunistischen Geheimpolizei sahen. Der Prozess soll neu aufgerollt werden.

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