USA Multimilliardär Soros – Feindbild von Amerikas Rechten

Washington · Die Stimmungslage der Trump-Anhänger ist zunehmend antisemitisch. Das bekommt auch der 88-jährige jüdische Hedge-Fonds-Gründer zu spüren.

 George Soros, Multimilliardär und Philantrop

George Soros, Multimilliardär und Philantrop

Foto: AP/Olivier Hoslet

Um Schlagzeilen muss sich der 88-jährige George Soros, Multimilliardär, legendärer Spekulant und langjähriger Parteispender für die Demokraten in den USA, derzeit keine Sorgen machen. Im Briefkasten seines Anwesens im Bundesstaat New York landete eine jener Paketbomben, die ein bisher Unbekannter unter anderem auch an die früheren Präsidenten-Ehepaare Clinton und Obama verschickt hatte. In sozialen Medien wie Facebook häufen sich Anzeigen, in denen eine offizielle Untersuchung seiner politischen und philantropischen Aktivitäten gefordert wird.

US-Präsident Donald Trump warf – wie andere Konservative – dem rund acht Milliarden Dollar schweren Soros vor, Demonstranten für ihren Widerstand gegen Trumps Richterkandidaten Brett Kavanaugh bezahlt zu haben. Im Sender Fox News wird der in Budapest geborene Jude gerne auch als „gefährlicher Extremist“ gebrandmarkt –  oder, wie im Jahr 2016 aufgrund seiner 25 Millionen Dollar-Spende für Hillary Clinton – als „jüdischer Mafioso“, der die Wahlen kaufen wolle.

Angesichts dieser Stimmungslage wird schnell klar, dass Soros mittlerweile zum Mega-Feindbild für Amerikas Rechte geworden ist. Einer der jüngsten Vorwürfe gegen den Hedge-Fonds-Gründer, der unter anderem durch seine Währungswette gegen das britische Pfund über eine Milliarde Dollar Profit machte und damit 1992 auch die „Bank of England“ in Bedrängnis brachte: Er habe den sogenannten „Caravan“ auf die Beine gestellt und finanziert, mit dem sich tausende von Migranten ohne Einreisepapiere aus Südamerika kommend auf die USA zubewegen. Ein Soros-Sprecher hat dies dementiert, und Beweise hat von seinen Kritikern niemand vorlegen können.

Auch wenn bei anderen Kritikpunkten ebenfalls Indizien gegen Soros fehlen – die Attacken aus dem rechten Spektrum gehen unvermindert weiter. Das liegt in erster Linie daran, dass der Finanzier über seinen philantropischen Arm, die „Open Society Foundations“, seit 2010 nach einer Hochrechnung der „Washington Post“ mindestens 39 Millionen Dollar an Gruppen gespendet hat, die für Demokraten Wahlkampfspenden einsammeln. Hinzu kommen noch weitere regelmäßige Gaben in Millionenhöhe an liberale Organisationen wie „Planned Parenthood“, das Abtreibungskliniken betreibt und Frauen aus vor allem niedrigen Einkommensschichten medizinisch betreut. Hinweise darauf, dass Soros auch aktiv auf den Nominierungsprozess für Trumps umstrittenen Kandidaten Kavanaugh Einfluss nehmen wollte, finden sich in der Tat. So gehören die beiden Frauen, die den republikanischen Senator Jeff Flake spektakulär in einem Fahrstuhl des Senatsgebäudes konfrontierten, dies von einer CNN-Crew filmen ließen und so zumindest eine einwöchige Verlängerung der Beratungen erzwangen, als Führungskräfte zwei liberalen Gruppen an, die von Soros Geld erhalten. Das hat den Zorn im konservativen Lager gegenüber Soros noch verstärkt, den die prominente Schauspielerin und Trump-Unterstützerin Roseanne Barr in diesem Jahr als „Nazi“ bezeichnete, der geholfen habe, andere Juden in deutschen KZ umzubringen und der ihr Eigentum gestohlen habe. Diese Attacke wurde dann über Twitter auch von Trump-Sohn Donald jr. weiterverbreitet. Soros sagte später in einem Interview, die Vorwürfe seien eine „totale Erfindung“. Er habe lediglich gefälschte Papiere benutzt, um die Nazi-Besetzung Ungarns zu überleben. Barr entschuldigte sich später für den Angriff. Doch andere dürfte dies nicht in ihrem Hass auf Soros, der zu den 100 reichsten Menschen auf der Welt zählt, bremsen. Am Tag, nachdem die Paketbombe bei seinem Vater eingetroffen und glücklicherweise nicht detoniert war, schrieb Soros’ Sohn Alexander in einem Leitartikel für die „New York Times“: Die Rhetorik sei unter Trump „schlimmer geworden“. Und: „Hier wurde ein Geist aus der Flasche gelassen, für den es wohl Generationen brauchen wird, ihn zurück zu tun.“

Der mutmaßliche Briefbomber hegte übrigens ebenso wie der  Attentäter, der in der Pittsburgher Tree-of-Life-Synagoge elf Menschen erschoss, einen Hass auf Juden, Ausländer und Schwarze.

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