Gewerkschafter erhebt schwere Vorwürfe „Das Saarland blutet aus“

Saarbrücken · Ralf Damde, Landeschef der Bahngewerkschaft, erhebt schwere Vorwürfe: Die Bahn habe das Land abgeschrieben, und der Politik sei das egal.

 Der Saarbrücker Eurobahnhof verliert offenbar immer mehr an Bedeutung.

Der Saarbrücker Eurobahnhof verliert offenbar immer mehr an Bedeutung.

Foto: Matthias Zimmermann

Das Saarland verliert bei der Bahn gerade die letzten Ansprechpartner und Entscheidungskompetenzen in der Region. Künftig müsse die Landesregierung für alle strategischen Standortfragen und regionalen Interessen entweder in Mainz oder Frankfurt Rücksprache halten, betont der Landesvorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft (EVG), Ralf Damde, gegenüber unserer Zeitung. Mit Verbesserungen im Fernverkehr oder dem Nahverkehrsangebot sei unter diesen Voraussetzungen nicht mehr zu rechnen.

„Das Saarland blutet aus“, kritisiert der Bahn-Gewerkschafter. Es werde von der Bahn nicht mehr als ein wichtiger Standort angesehen. Jetzt ziehe das Unternehmen nach Informationen von Damde auch die oberste Führungskraft, den Konzernbevollmächtigten für das Saarland, Rheinland-Pfalz und Hessen voraussichtlich noch im ersten Quartal 2019 ab. Er war bisher der zentrale Ansprechpartner für alle Bahninteressen an der Saar. Vor der Bahnreform im Jahr 1994, zu Zeiten der Bundesbahndirektion Saarbrücken, nahm diese Funktion sogar noch ein eigener Präsident wahr, der zahlreiche Standort-Entscheidungen in der Region selbst treffen konnte.

Zudem wird nach Informationen von Damde auch die gesamte DB Regio, die für den Nahverkehr in der Region zuständig ist, im Rahmen jüngster Planungen aus Saarbrücken nach Mannheim und Frankfurt abgezogen. Das bedeute gleichzeitig den Wegfall einer Leitstelle, die Verlegung von Teamleitern und das Fehlen von Personal, das vor Ort schnelle Entscheidungen zu Gunsten der Bahnkunden treffen kann, etwa, wenn Züge ausfallen, größere Verspätungen drohen oder Wagen verschmutzt sind. „Mit der Entscheidung, die DB Regio aus Saarbrücken nach Mannheim und Frankfurt zu verlegen, „nimmt der Bahn-Vorstand das Auge aus dem Betrieb raus“, urteilt der Gewerkschafter. Die Neuorganisation der DB Regio soll im Zeitraum von Juni 2019 bis Juni 2020 umgesetzt werden im Rahmen des Konzeptes „Zukunft Bahn: Eisenbahn in Deutschland“. Zur möglichen Umsetzung der Neuorganisation von DB Regio habe die Bahn alleine in den vergangenen drei Jahren rund 700 Millionen Euro für Beraterfirmen ausgegeben. „Wozu brauche ich dann überhaupt noch einen Bahnvorstand“, fragt Damde. Es gebe genug Sachverstand im eigenen Unternehmen.

Der Eisenbahner übt auch scharfe Kritik an der Landesregierung. „Die hat resigniert. Es gibt überhaupt kein Konzept zur Stärkung des Bahn-Standortes Saarland.“ Die saarländischen Bundespolitiker in Berlin zeigten ebenfalls kein erkennbares Engagement für ihre Heimat. „Wir haben als Landesverband der Eisenbahnergewerkschaft versucht, mit allen saarländischen Abgeordneten und Ministern in Berlin einen Termin zu bekommen – außer der AfD. Keiner hatte Zeit für uns.“ Einzige Ausnahme sei die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Sahra Wagenknecht, gewesen. Sie habe Unterstützung zur Stabilisierung des Bahn-Standortes Saarland zugesagt.

Das werde künftig noch schwerer, denn Damde rechnet mit weiteren Verschlechterungen im Fernverkehr. Auch die Fernverkehrsverbindung Frankfurt-Saarbrücken-Paris sei durch jüngste Entwicklungen in ihrem Fortbestand bedroht. Rheinland-Pfalz plane derzeit eine direkte und schnelle Taktanbindung von Straßburg durch den Nahverkehr über die Strecke Neustadt-Mannheim-Speyer. So könne ein Großteil des Rhein-Main-Gebietes schneller an Straßburg angebunden werden. Zumal dann auch attraktivere Möglichkeiten bestehen, von dort aus auch den ICE beziehungsweise TGV nach Paris zu nutzen. „Uns im Saarland und unsere Strecke nach Paris braucht dann keiner mehr. Die Bahn fährt dann am Ende komplett um unsere Region herum“, befürchtet Damde. Als Beauftragten des Landes Rheinland-Pfalz für eine bessere Anbindung an Straßburg habe Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) Werner Schreiner eingesetzt. Der ist kein Unbekannter, sondern kennt die regionale Bahnszene exzellent. In seiner früheren Funktion war Schreiner Chef des Zweckverbandes Schienen-Personennahverkehr Süd in Kaiserslautern. Dieser Zweckverband organisiert die Rahmenbedingungen für den Öffentlichen Personennahverkehr in Rheinland-Pfalz mit. Der Verband war auch mit beteiligt an der Auftragsvergabe für die Bedienung der Nahverkehrsstrecke Saarbrücken-Kaiserslautern-Mannheim, die heute von Süwex-Zügen bedient wird.

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