"Das ist für die SPD katastrophal"

Herr Güllner, welchen Einfluss hat ein Parteiausschluss von Wolfgang Clement auf das Erscheinungsbild der SPD? Güllner: Das ist für die SPD katastrophal. Denn Clement hatte als Bundeswirtschaftsminister hohes Ansehen. Wer einen Mann mit so hoher Reputation rauswerfen will, der tut seiner Partei wirklich keinen Gefallen

Herr Güllner, welchen Einfluss hat ein Parteiausschluss von Wolfgang Clement auf das Erscheinungsbild der SPD?

Aber Clement hat zum Beispiel vor der Hessen-Wahl die Leute aufgefordert, der SPD die Stimme zu verweigern. Ist ein Parteiausschluss da nicht konsequent?Güllner: Nein, das kann ich nicht nachvollziehen. Die hessische SPD-Kandidatin Andrea Ypsilanti hat ihrer Partei wegen des Umgangs mit den Linken nachhaltig geschadet, was ja nachweisbar ist. Nichts anderes hat Clement festgestellt.

Clement steht wie kaum ein anderer Sozialdemokrat für die umstrittene Agenda 2010. Wird da eine politische Richtung gleich mit entsorgt?Güllner: Diese Gefahr ist vorhanden. Die Abkehr von der Agenda hat der amtierende Vorsitzende Kurt Beck eingeleitet. Das war ein fataler strategischer Fehler. Denn die Weichenstellung Gerhard Schröders für diese Reformpolitik wurde von der klaren Mehrheit der Menschen für richtig befunden.

Aber die Agenda-Politik ist doch nachhaltig für die Misere der SPD verantwortlich.Güllner: Nein, die Abkehr von der Schröderschen Modernisierungspolitik hat der SPD schwer geschadet. Bei allen Landtagswahlen seit 2005 hat die SPD erheblich weniger Stimmen eingefahren als bei der bei der Bundestagswahl 2005.

In der SPD war gerade etwas Ruhe eingekehrt. Droht der Partei jetzt eine Zerreißprobe?Güllner: Das lässt sich noch nicht absehen. Was ihr auf jeden Fall droht, ist ein weiterer Sympathierückgang. Denn wie gesagt, wenn ein Mann mit so hohem Ansehen aus der Partei vertrieben werden soll, dann muss man am Verstand der dafür Verantwortlichen zweifeln. Das werden auch viele Wähler so empfinden.

Offenbar denkt die Parteibasis in Clements Heimatland Nordrhein-Westfalen aber anders darüber.Güllner: Ich bin fest davon überzeugt, dass es bei einer Mitgliederbefragung in Nordrhein-Westfalen eine klare Mehrheit gegen einen Parteiausschluss von Clement geben würde. Den Beschluss haben ja nicht einfache Mitglieder sondern Funktionäre gefällt, die der Partei schaden.

Die Funktionäre repräsentieren nicht mehr die Mitglieder?Güllner: So ist es. Die Kluft liegt nicht zwischen den einfachen Mitgliedern und den Wählern, sondern zwischen den Funktionärskadern und den einfachen Mitgliedern.

Forsa sieht die SPD gegenwärtig bei 21 Prozent der Wählerstimmen. Kann es noch tiefer gehen?Güllner: Ich fürchte ja.

Güllner: Das ist für die SPD katastrophal. Denn Clement hatte als Bundeswirtschaftsminister hohes Ansehen. Wer einen Mann mit so hoher Reputation rauswerfen will, der tut seiner Partei wirklich keinen Gefallen.

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