Interview Dr. Michael Kulas „Das Hauptproblem war und ist der falsche Einsatz von Antibiotika“

Saarbrücken · Der Vorsitzende des saarländischen Hausärzteverbandes, Michael Kulas, warnt vor der falschen und übermäßigen Einnahme von Antibiotika. Denn dadurch können Keime entstehen, die immun gegen die Medikamente sind.

 Der Vorsitzende des saarländischen Hausärzteverbandes, Michael Kulas, warnt vor der falschen und übermäßigen Einnahme von Antibiotika. (Symbolbild)

Der Vorsitzende des saarländischen Hausärzteverbandes, Michael Kulas, warnt vor der falschen und übermäßigen Einnahme von Antibiotika. (Symbolbild)

Foto: dpa/Friso Gentsch

Der Vorsitzende des saarländischen Hausärzteverbandes, Michael Kulas, warnt vor der falschen und übermäßigen Einnahme von Antibiotika. Denn dadurch können Keime entstehen, die immun gegen die Medikamente sind.

Herr Kulas, wie entsteht ein multiresistenter Keim?

KULAS Nur durch den Einsatz von Antibiotika entwickeln sich multiresistente Keime, wenn der Keim die Möglichkeit hat, sich auf das Antibiotikum einzustellen. Das passiert bei häufigen Antibiotikaeinsätzen und vor allem auch bei Einnahmen, die nicht ausreichend hoch und nicht lang stattfinden.

Was kann ein Arzt tun, wenn ein Patient sich mit einem multiresistenten Keim infiziert hat?

KULAS Wenn es ein Keim ist, der überhaupt nicht mehr auf Antibiotika anspricht, dann können sie nichts tun, außer zu hoffen, dass der Keim irgendwann vom Organismus selber eliminiert wird. Bei einem guten Immunsystem ist das auch durchaus möglich. Sollte der Körper es nicht schaffen, würde man versuchen, ein Antibiotikum zu finden, gegen das der Keim noch nicht resistent ist.

Haben Ärzte früher zu oft Antibiotika verschrieben?

KULAS Eines der Hauptprobleme, die wir haben und hatten, ist, dass Antibiotika bei Erkältungskrankheiten eingesetzt werden, wo häufig kein Bakterium mit im Spiel ist. Bei Virus­infektionen helfen Antibiotika nicht. Durch den falschen Einsatz können multiresistente Keime entstehen.

Hat der Antibiotika-Einsatz in der Landwirtschaft Einfluss auf die Entstehung multiresistenter Keime?

KULAS Davon gehen wir aus. Untersuchungen zeigen, dass der Mensch mit dem Verzehr von tierischem Eiweiß Antibiotika-Mengen zu sich nimmt, die theoretisch eine Resistenz auslösen können.

Können multiresistente Keime, die in anderen Ländern entstehen, Folgen für uns haben?

KULAS Irgendwann werden diese Keime zu uns kommen. Zum Beispiel hat sich das Tuberkulose-Bakterium aus Ost-Europa bis nach Amerika ausgebreitet. Irgendwann werden multiresistente Keime dann Länder erreichen, wo sie so noch nicht waren. Die Frage ist dann, ob sie, wenn sie ankommen, immer noch multiresistent sind, da auch Bakterien Mutation unterliegen.

Ein Keim kann also seine Resistenz verlieren?

 Dr. Michael Kulas, Vorsitzender des saarländischen Hausärzteverbandes.

Dr. Michael Kulas, Vorsitzender des saarländischen Hausärzteverbandes.

Foto: Kulas

KULAS Keime können sich verändern, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Wenn ein multiresistenter Keim auf dem Weg von Indien nach Deutschland genetischen Veränderungen unterliegt, dann kann es durchaus sein, dass er wieder empfindlich auf Antibiotika reagiert.

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