Das „böse Genie“ der Republikaner

Washington · Drei Jahrzehnte wollte er Chef des Senats werden. Jetzt ist der mächtige Republikaner Mitch McConnell am Ziel. Für die Demokraten könnte sich das noch als Albtraum erweisen. Denn seine Spezialität ist die Blockade.

In der Stunde des Triumphs schlägt Mitch McConnell salomonische Töne an. Er steht vor einem Meer euphorisch geschwenkter Sternenbanner in einem Hotelsaal in Louisville, neben ihm seine Frau Elaine Chao, einst die Arbeitsministerin George W. Bushs, und skizziert die neue politische Landschaft. Einerseits sei sie die alte, "ich erwarte nicht, dass der Präsident morgen früh aufwacht und die Welt völlig anders sieht, und er weiß, das gilt auch für mich". Andererseits, fügt er versöhnlicher hinzu, nur weil Amerika ein Zweiparteiensystem habe, "muss das nicht bedeuten, dass wir uns im Dauerkonflikt zu befinden haben".

Der 72-Jährige ist am Ziel seiner Karriereträume. Spätestens seit 1984, als er zum ersten Mal einzog in die illustre Kammer, wollte er den Senat auf Capitol Hill leiten. Dabei ist McConnell in die Jahre gekommen. Selbst Freunde sagen ihm nach, dass er die "Lebenslust eines Leichenbestatters" verströmt.

Begonnen hat er seine Karriere bei den Republikanern als Mann der Mitte. Als Ronald Reagan zu seiner "konservativen Revolution" blies, hielt er sich zunächst an Gerald Ford , einen jener Zentristen alter Schule, wie es sie heute kaum noch gibt in der Grand Old Party. Mit Reagans Siegeszug bewegte sich auch McConnell nach rechts. In den 90 Jahren gehörte er zu den Strategen an der Seite Newt Gingrichs, des Sprechers im Repräsentantenhaus, dessen robuster Kollisionskurs Präsident Bill Clinton in Verlegenheit bringen sollte. Später kämpfte er gegen Novellen seiner Senatskollegen John McCain und Russ Feingold , die den Einfluss des Geldes auf die Politik zurückdrängen sollten. Mit Erfolg. Denn inzwischen fließen die Spendendollar wieder so unkontrolliert, wie es seit dem Watergate-Skandal nicht mehr der Fall gewesen war. Und als Barack Obama ins Oval Office gewählt wurde, reagierte McConnell mit einem Satz, der schon vorwegnahm, wie die Konservativen den Reformer mit eiserner Opposition zu entzaubern gedachten. "Das Wichtigste, was wir erreichen wollen, ist, dass Präsident Obama ein Präsident für nur eine Amtszeit bleibt."

Da war McConnell so etwas wie das Gesicht der Blockade, die den Politikbetrieb Washingtons lähmt, verhasst bei den Demokraten, geschätzt und gefürchtet in den eigenen Reihen, allein schon wegen seines immensen Wissens um jeden Kniff des parlamentarischen Regelwerks. Auf dem Höhepunkt des Ringens ums Schuldenlimit, das die USA im Sommer 2011 dicht an den Rand der Zahlungsunfähigkeit führte, zeigte er wochenlang kompromisslose Härte. Worauf ihn Kolumnisten das "böse Genie" nannten.

Dass er auch anders kann, bewies er beim nächsten Schuldenpoker, im Herbst 2013, als er einen Deal einfädelte und die Rebellen der Tea Party in die Schranken wies. Welchen McConnell das Land als Mehrheitsführer des Senats erlebt, den beinharten oder den kompromissbereiten - darauf möchte im Moment niemand eine Wette abschließen.

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