China lässt die Muskeln spielen

Peking · Chinas Konjunktur lahmt. Trotzdem will Peking beim jährlichen Volkskongress jetzt deutlich mehr Geld für sein Militär locker machen. Die Nachbarn sind in Sorge und rüsten ebenfalls auf.

Mit 2,11 Millionen Soldaten hat China zahlenmäßig die größten Streitkräfte der Welt. Im Notfall kann die Atommacht zusätzlich 3,25 Millionen Reservisten mobilisieren. Doch das reicht offensichtlich nicht. Inmitten von Spannungen in Ostasien hat die Volksrepublik eine kräftige Aufrüstung angekündigt. Die Militärausgaben würden um "etwa zehn Prozent" steigen, sagte die Sprecherin des Nationalen Volkskongresses, Fu Ying , gestern einen Tag vor Beginn der jährlichen Sitzung des mit rund 3000 Delegierten größten Parlaments der Welt. "Wenn wir hinterherhängen, sind wir angreifbar", begründete sie die Entscheidung.

Chinas militärische Muskelspiele alarmieren seine Nachbarn . Zwar tat Fu Ying die erneute Erhöhung der Verteidigungsausgaben als völlig normal ab, doch verfolgen andere Länder den Aufstieg der chinesischen Militärmacht mit großer Sorge. Als Reaktion hat von Japan über die Philippinen und Vietnam bis nach Indien längst ein Wettrüsten begonnen. Auch die Supermacht USA weitet ihre militärischen Aktivitäten im Asien-Pazifik-Raum aus.

"Für ein großes Land wie China ist es nötig, dass es sich gut verteidigen kann", erklärte Fu Ying den Anstieg, der im fünften Jahr in Folge zweistellig ausfällt. Unter "Verteidigung" versteht China jedoch, seine Territorialansprüche auf Inseln und Rohstoffvorkommen in den Meeren notfalls auch militärisch durchzusetzen.

Japan sieht Chinas Aufrüstung als eine der größten Probleme für die Sicherheitslage in der Region. Die Luftraumüberwachungszone, die China 2013 in weiten Teilen des Ostchinesischen Meeres einrichtete, wird als "gefährlich" eingestuft. Ministerpräsident Shinzo Abe bemüht sich um internationale Unterstützung für seine Position, dass China an der Eskalationsschraube dreht. Das aggressivere Auftreten des Nachbarn dient Tokio auch als Rechtfertigung für die Stärkung seiner verteidigungspolitischen Rolle und den Anstieg seines eigenen Militäretats auf Rekordhöhe.

Südkorea wiederum ist in der schwierigen Position, seine Beziehungen zu China und den USA richtig auszubalancieren. Das Verhältnis zu Japan hat sich etwas abgekühlt, während Südkorea näher an seinen wichtigsten Handelspartner China rückt. Doch sorgt sich Seoul, dass dessen Aufstieg eine Quelle der Instabilität sein könnte. Auch kritisieren Beobachter, dass die Kommunikation mit Peking in Sicherheitsfragen dadurch eingeschränkt sei, dass der wichtigste Bündnispartner für Südkorea die USA sind und dass China der traditionelle Verbündete Nordkoreas ist, das Ostasien und die Welt mit wilden Drohungen in Atem hält.

Im Inselstreit hat China seit dem Asien-Pazifik-Gipfel im November in Peking zwar eine "Charmeoffensive" eingeleitet, wie Sebastian Heilmann, Direktor des China-Instituts Merics in Berlin, sagt. Dennoch: "Die Nachbarn müssen sich in jedem Fall weiter Sorgen machen." Die Aufrüstung Chinas ziele auf Gleichrangigkeit oder Überlegenheit gegenüber allen potenziellen Gegnern.

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