Camerons Schmach von Rochester

London · David Cameron muss eine weitere schwere Pleite hinnehmen. Die Rechtspopulisten der Unabhängigkeitspartei Ukip erringen einen zweiten Parlamentssitz. Der britische Premier steht unter Druck.

Der Albtraum für Premierminister David Cameron geht weiter - und so schnell wird er aus ihm nicht erwachen. Das zeigt das Ergebnis einer Nachwahl im südenglischen Kreis Rochester. Die Rechtspopulisten der europafeindlichen Unabhängigkeitspartei Ukip haben den konservativen Tories den zweiten Parlamentssitz binnen sechs Wochen weggeschnappt. Ukip-Kandidat Mark Reckless gewann mit klarem Vorsprung gegen seine konservative Konkurrentin Kelly Tolhurst. Reckless, der vier Jahre für die Konservativen im Parlament saß, hatte im September seinen Rücktritt erklärt und war zu den Rechtspopulisten übergelaufen, was die Nachwahl nötig machte.

Der 43-Jährige hat es nach Douglas Carswell, der im Oktober eine Nachwahl gewann, also geschafft, dass Ukip endgültig in der britischen Politik angekommen ist. Vor wenigen Monaten schien das noch undenkbar, seit der Europawahl im Mai bestimmen die Rechtspopulisten jedoch die politische Debatte im Land. Die Partei unter dem Vorsitzenden Nigel Farage kämpft für einen Austritt Großbritanniens aus der EU und will zudem die Einwanderung stark beschränken.

Während Ukip auf einer Welle des Erfolgs reitet, bedeutet dieser Sieg der Aufständischen für Cameron eine demütigende Niederlage. Er versprach über Wochen, alles dafür zu tun, den Wahlkreis zu halten, um Stärke zu demonstrieren und mögliche Nachahmer abzuschrecken. Fünf Mal besuchte er die Gegend und schickte Abgeordnete auf Wahlkampftour. Doch selbst der hohe Einsatz von Geld und Personal konnte die Anziehungskraft der EU-Hasser nicht schmälern. Nun muss Cameron weitere Überläufer fürchten, eine Spaltung der Konservativen droht. Und das nur ein halbes Jahr vor der Parlamentswahl im Mai, bei der seine Wiederwahl auf dem Spiel steht. Die Tories fordern eine absolute Mehrheit von ihm, sonst könnte es knapp für Camerons Zukunft als Premier werden. Trotzig erklärte er am Freitag, die Tories wollten den Wahlkreis im Mai zurückholen.

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