Bundesmarine ist bereit für den Kampf gegen Piraten

Djibouti. Der Geruch von Dromedaren, die nebenan auf Schiffe für Saudi-Arabien verladen werden, zieht über das Hubschrauberdeck der "Mecklenburg-Vorpommern". Er vermischt sich mit dem von deutscher Bratwurst. Ein Tannenbaum leuchtet in die Nacht von Djibouti und aus den Lautsprechern klingt "Ein Bett im Kornfeld"

 Deutsche Marinesoldaten eines Sicherungsteams der "Karlsruhe" demonstrieren am Dienstag in Dschibuti einen Einsatz auf einem Schnellboot. Foto: dpa

Deutsche Marinesoldaten eines Sicherungsteams der "Karlsruhe" demonstrieren am Dienstag in Dschibuti einen Einsatz auf einem Schnellboot. Foto: dpa

Djibouti. Der Geruch von Dromedaren, die nebenan auf Schiffe für Saudi-Arabien verladen werden, zieht über das Hubschrauberdeck der "Mecklenburg-Vorpommern". Er vermischt sich mit dem von deutscher Bratwurst. Ein Tannenbaum leuchtet in die Nacht von Djibouti und aus den Lautsprechern klingt "Ein Bett im Kornfeld". Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat die deutsche Marine am Dienstag im Golf von Aden auf Piratenjagd geschickt. Die Soldaten genießen den letzten freien Abend und die zwei Fässer Bier, die der Minister aus Deutschland mitgebracht hat.

An der "Mecklenburg-Vorpommern" ist die Fregatte "Karlsruhe" vertäut, auf der an diesem vorweihnachtlichen Abend schon alles für das Auslaufen am nächsten Morgen vorbereitet wird. Sie hat den Auftrag zur Piratenjagd, die "Mecklenburg-Vorpommern" ist hier im Rahmen des internationalen Anti-Terror-Einsatzes. Vier Soldaten haben sich an der Reling mit schweren Maschinengewehren in Stellung gebracht und blicken konzentriert auf die schwarze See vor ihnen, um die Festgesellschaft zu bewachen. "Wir fahren mit einem angespannten, aber selbstbewussten Gefühl raus", sagt Fregattenkapitän Ralf Kuchler, der Erste Offizier der "Karlsruhe". Das Deck mittschiffs, wo sonst der Treibstoff geladen wird, ist frei. Hier sollen Piraten festgehalten werden, ehe man sie an Land der Bundespolizei übergibt. Es gibt ein Sonnensegel, Toiletten und Duschen für die Gefangenen. "Kein Guantanamo auf See", sagt der Minister.

Die Verfolgung und Festnahme von Piraten ist neu an dem Auftrag, den der Bundestag letzte Woche beschlossen hat. Den Unterschied zu der vorher geltenden Befugnis, bloß Nothilfe leisten zu dürfen, haben Kuchler und seine Männer schon auf der Herfahrt kennen gelernt. Da funkte der Frachter "Trafalgar" SOS. Piratenüberfall. Sechs bis acht Speed-Boote preschten auf das Schiff zu, erfuhr Kuchler am Funkgerät von dem völlig panischen Kapitän. "Ich habe den eine Dreiviertelstunde lang beruhigt." Der Hubschrauber der "Karlsruhe" stieg auf. Als die Piraten ihn sahen, drehten sie bei und verlangsamten die Fahrt. "Die spielen dann toter Käfer, Fischerboot." Von denen sind die Schnellboote der Piraten nämlich nicht zu unterscheiden, außer an den stärkeren Motoren. Die "Karlsruhe" hielt die so genannten Fischerboote in Schach, bis sich die "Trafalgar" zwei anderen Frachtschiffen angeschlossen hatte und davon gefahren war. Dann fuhr auch das Kriegsschiff weiter. Die Piraten konnten seelenruhig auf das nächste Schiff warten. Festnehmen durften die Deutschen sie nicht.

Das ist jetzt anders, und damit wird es gefährlich. Kampfhandlungen sind nicht ausgeschlossen, und dann ist das auch, sagt Jung, "ein Kampfeinsatz". AK47 Sturmgewehre und Granatwerfer sind die Standardausrüstung der Seeräuber. Das kann die 130 Meter lange "Karlsruhe" zwar nicht ernsthaft beschädigen, wohl aber die Menschen an Bord. Wenn Piratenalarm ist, darf sich kein Matrose mehr draußen aufhalten. Auf der Brücke hängt ein Zettel, auf dem genau steht, wie verdächtige Schiffe angerufen werden: Bei der ersten Warnung werden sie darauf hingewiesen, dass sie dabei sind, sich in den Sicherheitsbereich eines deutschen Kriegsschiffes zu bewegen und abdrehen sollen. In Stufe zwei werden sie aufgefordert, sofort umzukehren. Und in Stufe drei heißt es dann: "Wir werden jetzt in Selbstverteidigung handeln und eröffnen das Feuer." Kuchler hat ein bisschen Angst vor dieser Situation. "Wir müssen immer richtig reagieren. Schließlich sind das Menschen in den Booten."

Die Erinnerung an den Fehler der indischen Marine, die unschuldige Fischer versenkte, fährt mit auf der "Karlsruhe". Andererseits findet Kuchler, dass die Piraten gleich mit Beginn des EU-Einsatzes merken müssen, "dass wir nicht hier sind, um neben ihnen her zu fahren und zuzugucken".

Es ist, sagt der Minister, "das robusteste Mandat, das die Bundeswehr je hatte". Und es bekam im Bundestag mit 87 Prozent, so betont er immer wieder, "die größte Zustimmung von allen Auslandseinsätzen". Dass das Land hinter ihnen stehe, ist die wichtigste Botschaft, die der Politiker den Soldaten mitgebracht hat. So kurz vor Heiligabend sei sein Wunsch, dass der Einsatz auch ein bisschen von der Weihnachtsbotschaft in die Welt trage möge. Den Wunsch nach Frieden. Auf dem Hubschrauberdeck werden die Kerzen angemacht, und aus dem Lautsprecher klingt jetzt Achim Reichels "Aloha Heya He". "Wir werden

jetzt in Selbstverteidigung handeln und eröffnen

das Feuer."

Anweisung der Bundesmarine

Hintergrund

 Deutsche Marinesoldaten eines Sicherungsteams der "Karlsruhe" demonstrieren am Dienstag in Dschibuti einen Einsatz auf einem Schnellboot. Foto: dpa

Deutsche Marinesoldaten eines Sicherungsteams der "Karlsruhe" demonstrieren am Dienstag in Dschibuti einen Einsatz auf einem Schnellboot. Foto: dpa

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) ruft die deutschen Reedereien auf, die Piratengewässer vor der somalischen Küste weitestgehend zu meiden. Die Schiffseigner sollten sich an die Warnung der Bundesregierung halten, sagte Jung. Erneut sprach sich der Minister für die Schaffung eines Internationalen Seegerichtshofes nach dem Vorbild des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag aus. Neben der Jagd auf Piraten und der Überstellung an die Behörden ihrer Heimatländer müsse es auch die Möglichkeit geben, solche Verbrechen vor einem internationalen Tribunal zu ahnden. ddp

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