Brüderle allgegenwärtig

Berlin. In diesen Tagen erweckt manch Liberaler den Eindruck, als ob er sich und die FDP am liebsten im ehemaligen Weltkriegsbunker gleich neben der Berliner Parteizentrale verschanzen würde

 FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle am 10. Januar bei der Besichtigung des Unternehmens Thermodyne in Osnabrück. Neben ihm Stern-Reporterin Laura Himmelreich. Foto: dpa

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle am 10. Januar bei der Besichtigung des Unternehmens Thermodyne in Osnabrück. Neben ihm Stern-Reporterin Laura Himmelreich. Foto: dpa

Berlin. In diesen Tagen erweckt manch Liberaler den Eindruck, als ob er sich und die FDP am liebsten im ehemaligen Weltkriegsbunker gleich neben der Berliner Parteizentrale verschanzen würde. Das galt gestern auch für Generalsekretär Patrick Döring: Zu seinem Verdruss interessierte sich nämlich nach der Präsidiumssitzung kaum einer für die Inhalte, die das Führungsteam der FDP besprochen hatte. Stattdessen waren die Ereignisse rund um Sexismus und den Spitzenkandidaten Rainer Brüderle allgegenwärtig.

Der Fraktionschef im Bundestag macht sich öffentlich zwar nicht rar, aber er will nicht reden. Zumindest nicht über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der "Stern"-Journalistin Laura Himmelreich, er habe sie vor einem Jahr mit anzüglichen Bemerkungen an einer Hotelbar in Stuttgart bedrängt. Der 67-Jährige habe bei der Gremiensitzung "einleitende Bemerkungen" gemacht und erklärt, er wolle den Vorgang nicht öffentlich kommentieren. "Wir respektieren, was Rainer Brüderle wünscht", so Generalsekretär Döring. Die Veröffentlichung des Magazins sei "unfair und nicht gerechtfertigt". So sehe das auch Parteichef Philipp Rösler, der sich bisher aber noch nicht persönlich geäußert hat. Zwischen Rösler und Brüderle sei allerdings abgesprochen, die Debatte nicht von der Parteispitze aus zu beleben. Döring betonte noch, ein "Zerrbild" sei von Brüderle gezeichnet worden, mit "brutalstmöglichen" Auswirkungen für seine Familie. Die Parteispitze werde weiter "aus vollem Herzen" hinter ihrem Spitzenkandidaten stehen.

Ob das reichen wird? Auch bei der FDP weiß man wohl, dass das Dilemma groß ist. Denn längst dreht sich das Karussell der heiklen Fragen weiter: Haben die Liberalen ein Frauenproblem? Schließlich gibt es jetzt auch noch die Gerüchte, Vize-Chefin Birgit Homburger solle beim Parteitag Anfang März durch NRW-Landeschef Christian Lindner abgelöst werden. Schadet der Vorgang nicht der Partei insgesamt, so dass sich die Chancen für die Bundestagswahl im September verschlechtern? Und ist die Sexismus-Debatte nun für immer und ewig mit dem Namen Brüderle verbunden?

In der Parteizentrale gab man sich gestern bei all diesen Punkten vor allem trotzig: Es gehe nur um die "Beschädigung einer einzelnen Person", die Debatte über Sexismus müsse aber "weit weg vom konkreten Ereignis" geführt werden. Nur weil eine ihre Befindlichkeiten öffentlich gemacht habe, müsse das der andere nicht auch tun, hieß es. Mit Blick auf die Journalistin meinte Döring: "Es gibt keine Arbeitsbeschränkung oder Kontaktsperre, das wäre ja auch absurd." Allerdings hat Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel ein vereinbartes Interview mit Himmelreich abgesagt. Das soll er laut Döring im Präsidium verkündet haben.

Wie jedoch die für die FDP extrem belastende Diskussion wieder beendet werden könnte, weiß derzeit niemand so recht. Mit Spannung wird nun der morgige Tag erwartet. In Sitzungswochen des Bundestages lädt der Fraktionschef stets am Mittwoch Journalisten zu einem Gespräch über die parlamentarische Woche ein. Eingeladen ist wie immer auch: Laura Himmelreich. has

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