„Ich wäre gerne Bundespräsidentin“

berlin · Sie wird am Sonntag für die Grünen den Gauck-Nachfolger wählen: Ein Gespräch über den Kandidaten Steinmeier, die AfD und eigene Ambitionen.

 Die Travestiekünstlerin Olivia Jones alias Oliver Knöbel. Foto: dpa

Die Travestiekünstlerin Olivia Jones alias Oliver Knöbel. Foto: dpa

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Sie wird für Aufsehen sorgen: Olivia Jones (47) ist die erste "Drag Queen", die in der Bundesversammlung den Präsidenten mitwählen darf.

Frau Jones, wissen Sie schon, was Sie bei der Bundesversammlung anziehen werden?

Jones Auf jeden Fall nichts Schwarzes oder Graues. Ich tendiere zu Türkis und Orange.

Also kommt Olivia Jones so bunt, wie man sie kennt?

Jones Selbstverständlich.

Sie sind die erste Drag Queen in der Bundesversammlung. Macht es das für Sie besonders aufregend?

Jones Ich finde es extrem spannend. Allerdings ist das für mich auch ein großes Kompliment. Es war an der Zeit, dass jemand wie ich den Bundespräsidenten mitwählen darf. Die Bundesversammlung ist augenscheinlich offener und toleranter geworden.

Die Bundesversammlung dient ihnen als Bühne in eigener Sache?

Jones Klar. Ich bin ein sehr politischer Mensch. Dort kann ich genau mit den Richtigen reden. Das ist der Ort, wo meine Botschaften hingehören. Allein meine Anwesenheit und mein Aussehen setzen Zeichen.

Einigen Delegierten wird ihr Auftreten nicht gefallen. Wie werden Sie mit möglicher Kritik umgehen?

Jones Genau deswegen bin ich dabei. Ich lege gerne den Finger in die Wunden. Man darf sich von konservativen oder rechtsgerichteten Politikern nicht einschüchtern lassen. Ich sage deshalb: Jetzt erst recht. Ich bin für einen offenen Dialog. Und den werde ich auch in der Bundesversammlung suchen.

Das heißt eine Umarmung für Frauke Petry?

Jones Ich hätte kein Problem, mit Frau Petry ein Foto zu machen. Mehr aber auch nicht. Wenn ich sie treffe, werde ich ihr aber schon klar sagen, dass wir nicht noch mehr Hass in der Gesellschaft brauchen. Die AfD muss auch keine Angst vor Schwulen oder Lesben haben. Da besteht keine Gefahr.

Warum sind Sie überhaupt von den Grünen in Niedersachsen nominiert worden?

Jones Die Grünen haben sich schon immer für mehr Toleranz und gegen die Diskriminierung von Schwulen und Lesben eingesetzt. Und zwar in einer Zeit, als das Eisen noch wesentlich heißer war, als es heute ist. Das verbindet uns. Ich habe zudem viele Aktionen gegen rechts gemacht. Sicherlich war auch mein Auftritt in Magdeburg mit ausschlaggebend, als ich auf Einladung der Grünen im Landtag aus meinem Kinderbuch vorgelesen habe. Bei der Diskussion zum Buch ist mir aufgefallen, wie viele Floskeln AfD'ler bemühen. Aber wenn man mal ein bisschen an der Oberfläche kratzt, gibt es kaum Inhalte.

Sie werden Frank-Walter Steinmeier wählen. Was erwarten Sie von ihm als Präsidenten?

Jones Ich erwarte, dass er sich für eine offene und vielfältige Gesellschaft einsetzt. Er soll die Wogen glätten. Und ich hoffe, dass er als Bundespräsident die Politiker ab und an zurechtweist unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Ich schätze an ihm, dass er ein ruhiger und bedachter Mensch ist. Zurzeit also genau der Richtige.

Wären Sie selber gerne Staatsoberhaupt?

Jones Ich wäre gerne Bundespräsidentin. Das Amt würde wunderbar zu mir passen. Ich reise gerne, und habe als St. Pauli-Wirtin und Fremdenführerin viel Erfahrung darin, zu repräsentieren und Menschen aus aller Welt zu empfangen. Mit mir würde es nicht langweilig werden. Ich hab ja jetzt fünf Jahre Zeit, um mich vorzubereiten...

Die Fragen stellte Hagen Strauß.

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