Unzulässige Asylbescheide Bamf-Skandal weitet sich aus

Berlin · Ist Bremen ein Einzelfall? Bundesbehörde will tausende Asylbescheide überprüfen lassen.

Die Affäre um unzulässige Schutzbescheide für Asylbewerber zieht immer weitere Kreise. Im Fokus steht zwar die Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Einen Monat nach Bekanntwerden der Affäre werden die Überprüfungen aber ausgeweitet. Und es tauchen immer mehr Fragen auf. Ein Überblick.

Was ist in Bremen passiert?

Unter ihrer damaligen Leiterin soll die Bremer Bamf-Stelle zwischen 2013 und 2016 mindestens rund 1200 Menschen Asyl gewährt haben, ohne die Voraussetzungen ausreichend zu prüfen. Die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sie und fünf weitere Beschuldigte – darunter Anwälte – wegen Bestechlichkeit und bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung.

Wie kamen das Bamf und die Ermittler den Vorgängen auf die Spur?

Erste Hinweise soll es beim Bamf schon 2014 gegeben haben. 2016 erhielt die Ombudsperson des Bundesinnenministeriums einen anonymen Hinweis. Zunächst sollen es nur 26 Verdachtsfälle gewesen sein. Es kam zu einem Disziplinarverfahren gegen die Außenstellenleiterin, sie musste ihren Posten räumen, das Bamf stellte Strafanzeige. Tausende Asylverfahren, bei denen zwei verdächtige Anwaltskanzleien involviert waren, wurden überprüft. Auch als die Leiterin von ihrer Funktion entbunden wurde, blieb sie mit anderen Aufgaben in Bremen. Als Grund nannte Bamf-Präsidentin Jutta Cordt im Bundestagsinnenausschuss deren schwerbehindertes Kind.

Wie wurden die fraglichen Asylbescheide erstellt?

Vielfach sollen die Antragsteller im Eiltempo durchs Asylverfahren geschleust worden sein. Dokumente wurden laut Cordts Aussage nicht oder erst nach dem Bescheid überprüft. Die Bremer Leiterin soll laut „Spiegel“ Verfahren der involvierten Anwälte massenhaft vorgezogen haben. Asylbewerber sollen an Anwälte zum Beispiel 1000 Euro gezahlt haben.

War Bremen ein Einzelfall?

Nach bisherigen Erkenntnissen in diesem Ausmaß schon. 18 000 Bremer Entscheidungen sollen in den nächsten drei Monaten überprüft werden. Inzwischen durchleuchtet die Bundesbehörde aber auch zehn weitere Außenstellen: In Stichproben sollen 8500 Fälle aus dem Jahr 2017 überprüft werden.

Wie konnte es zu dem Bremer Fall kommen?

Bamf-Präsidentin Cordt wies auf die „Ausnahmesituation“ ihrer Behörde hin, die wegen des massiven Flüchtlingszuzugs 2015 rasch von knapp 2000 auf 10 000 Mitarbeiter anwuchs. Vieles lag auch an der Bamf-Organisation – so werden Verfahren von einer in andere Außenstellen zur Bearbeitung übertragen. Wie das Bamf mit den Bremer Vorgängen umging, ist nicht ganz aufgeklärt.

Was wusste die Spitze des Innenministeriums von den Vorgängen?

Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) sagte im Innenausschuss: „Ich gehe davon aus, nach meinem Kenntnisstand, dass die Hausleitung, auch die damalige Hausleitung, von den Vorgängen in Bremen keine Kenntnis erlangt hat.“ Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) soll erst im Zuge der Ermittlungen am 19. April davon erfahren haben.

Wie geht es nun weiter?

Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Neben den internen Bamf-Prüfungen der Bremer Bescheide sowie in den zehn weiteren Außenstellen geht auch der Bundesrechnungshof den Vorgängen nach. Seehofer kündigte am späten Montagabend an, er werde gegebenenfalls auch personelle Konsequenzen ziehen.

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