Interview Heiko Maas „Das ist pure Panikmache“

Berlin · Der Bundesaußenminister verteidigt den UN-Migrationspakt gegen Kritik von rechts. Das Abkommen helfe dabei, Chaos zu vermeiden.

 Für Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) ist Migration eine globale Herausforderung.

Für Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) ist Migration eine globale Herausforderung.

Foto: AP/Salvatore Di Nolfi

Der Bundestag will heute den umstrittenen UN-Migrationspakt debattieren. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) verteidigt die Vereinbarung. Sie öffne der Migration nicht die Türen, sondern helfe, Chaos zu vermeiden. Die unmittelbaren Folgen für Deutschland seien „überschaubar“, verspricht der Minister im Interview.

Herr Minister, wozu braucht es den UN-Migrationspakt?

MAAS Migration ist Realität, ob wir wollen oder nicht. Die kann man sich nicht einfach wegdenken. Im Gegenteil: Wir müssen Migration aktiv steuern und besser ordnen. Und genau das hat der Migrationspakt zum Ziel. Das kann aber nur gemeinsam gelingen. Migration ist eine globale Herausforderung. Darauf brauchen wir eine gemeinsame internationale Antwort.

Die Kritik an dem Pakt ist groß. Haben Sie als Außenminister nicht genug dafür geworben?

MAAS Im Gegenteil. Wir haben schon sehr früh versucht, Interesse am Thema zu wecken, zum Beispiel über die sozialen Medien und im Bundestag. Über den Migrationspakt wurde in der Öffentlichkeit aber nicht groß gesprochen, weil sich alle einig waren, dass das ein richtiger Ansatz ist. Erst als dann eine Welle von Desinformation und Angstmache von weit rechts außen aufkam, wurde das Thema aufgegriffen.

Aber wozu ein Pakt, wenn er nicht rechtlich verbindlich ist?

MAAS Der Pakt ist eine politische Absichtserklärung, zu der sich die die große Mehrheit der Staaten innerhalb der Vereinten Nationen bekennt. Das ist ein wichtiges Signal. Wir haben uns international verständigt, gewisse Standards im Migrationskontext einzuhalten. Das gibt uns eine Grundlage gegenüber allen Staaten, die Erwartungen zu thematisieren, die wir an sie haben – etwa was die Kooperation bei Rück­führungen betrifft.

Die Sorge ist, dass mit der Vereinbarung der Migration Tür und Tor geöffnet werden muss. Bestreiten Sie das?

MAAS Na klar. Das ist pure Panikmache. Was wir erreichen wollen ist: Chaos vermeiden, illegale Migration eindämmen, Rückführungen vereinfachen, Grenzen sichern und die Gründe für Migration in den Herkunftsländern bekämpfen. Das steht so im Migrationspakt.

Das heißt, Sie garantieren, dass mit dem UN-Migrationspakt keine neuen Aufnahmegründe entstehen?

MAAS Ja. Bereits in der Präambel steht klar und deutlich, dass der Pakt die Souveränität der Staaten wahrt. Die Entscheidung, wer unter welchen Voraussetzungen als Migrant in ein anderes Land kommen kann, wird nicht vom Migrationspakt getroffen, sondern von jedem einzelnen Staat selbst.

Welche praktischen Auswirkungen hat der Pakt dann für Deutschland?

MAAS In dieser aufgeheizten Debatte muss man auch mal ganz ehrlich sagen: Die unmittelbaren Folgen werden überschaubar sein. Wir setzen eher auf langfristige Effekte. Der Migrationspakt hat sich zum Ziel gesetzt, die Standards in allen Ländern anzugleichen. Das heißt vor allem, dass zahlreiche Länder ihre Standards anheben müssen. Wenn diese Länder sich daran halten – und dazu haben sie sich ja politisch mit dem Migrationspakt bereit erklärt –, wird der Migrationsdruck auf Deutschland langfristig gesehen spürbar nachlassen.

Wie bewerten Sie die Migrationsdebatte, die derzeit in der Union geführt wird?

MAAS Ich werde die Irrungen und Wirrungen des unionsinternen Machtkampfes nicht kommentieren. Dass Rechtspopulisten versuchen, Ängste zu schüren, ist nichts Neues. Ihnen hinterherzulaufen, hat sich aber immer als Eigentor erwiesen. Dass über den Migrationspakt jetzt breit debattiert wird, finde ich sehr wichtig. Das gibt uns noch stärker die Möglichkeit, den Fakten zum Durchbruch zu verhelfen.

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